< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 1 Brief 17:    Caroline an Humboldt     Erfurt, 7. Januar 1790   ]


Vor ein paar Tagen habe ich einen Brief von Alexander be-
kommen, er schreibt aber nur sehr wenig, er hat die Masern gehabt
und seine Augen haben gelitten, inzwischen versichert er, außer aller
Gefahr zu sein. Gleich in der ersten Zeile nennt er mich teure Lina.
Der Brief an die Weiber liegt mir schwer auf dem Herzen,
ich werde aber doch nun dazu tun müssen, sonst werden sie mir
gar böse. Schreib mir doch, wie sie die Nachricht von unserer
Verbindung aufgenommen haben und den Empfang von Mama
und Kunth. Mon frère*) wird wohl den schönen Vorbereitungs-
brief an die Mama nicht haben schreiben können wegen seiner
Krankheit. Mein Vater nahm mich hier sehr zärtlich auf. Die
Stein fuhr mit uns herüber, der Koadjutor**) hatte eine große Freude
daran, daß Du noch die ganze Zeit mit mir in Weimar gewesen
seiest, und ließ es sich nicht ausreden, daß ich es nicht gewußt habe,
marchand d’Oignons se connait en Ciboules, dem Papa war es
freilich nicht so ganz recht, aber er mußte sich auch geben und
tröstete sich mit der Versicherung, die wir ihm gaben, daß wir uns
in Gesellschaft sehr manierlich und dezent betragen hätten.
Lebe wohl, teure Seele. Denke meiner. Alles Glück meines
Lebens ist ewig in Dir.


18. Caroline an Humboldt                  [Erfurt], den 14. Januar 1790

Die ersten Zeilen von Dir nach unsrer Trennung, mit
welchem Gefühl haben sie meine Seele überströmt! —
mein Wilhelm, nie werde ich es aussprechen, was Du
mir bist — was nennt die Sprache, wenn die Seele in ein Gefühl
aufflammt? Die meine arbeitet sich wieder zur Klarheit, ich fühle

———
*) Alexander v. Humboldt.
**) Dalberg, vgl. die Einleitung.
                                                                     64