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[   Band 1 Brief 23:    Humboldt an Caroline    [Berlin],  6. Februar 1790   ]


hat noch etwas Schöneres über ihn gesagt. Er beklagte sich bei mir,
Schiller hätte ihm kein Trinkgeld gegeben. Ich versicherte ihm, es
wäre doch ein sehr guter Mann. »Ja«, sagte er, »das kommt auf
den Liebhaber an.« Verzeih das dumme Zeug. Aber es ist doch
gar zu pläsant. Der Brief muß auf die Post und ich zur
Assemblee. Also leb wohl, meine teure geliebte Lina, und schreib
mir bald.


24. Caroline an Humboldt               [Erfurt], den 12. Februar 1790

Apropos von Malerei. Vielleicht erinnerst Du Dich des
schönen Kupferstiches, den wir bei dem Koadjutor sahen,
Theseus, der von der Ariadne den Knäul empfängt, der
ihn durch das Labyrinth leiten soll. Ich ließ mir ihn kürzlich von
Dalberg geben, um ihn nachzuzeichnen, weil man viel dabei lernen
kann. Als er mich einige Tage darauf wiedersah, frug er mich,
ob ich daran gearbeitet hätte. »Das Stück soll wohl für Humboldt
sein?« setzte er hinzu. Ich frug, warum eben für ihn? »Es wäre so
ein schöner Gedanke,« sagte er, »ein Bild Ihres Lebens, die Allegorie
ist leicht zu finden, Sie geben ihm den Faden, der ihn durch das
Labyrinth des Lebens führen soll. Aber wer wird der Minotauros
sein?« Meine Antwort kam vielleicht zu schnell, aber ich konnte sie
nicht zurückhalten und sagte: »Die Dessault —.« So lachen habe
ich den Koadjutor noch nie gesehen, er konnte gar nicht wieder
aufhören, und der Name ist der armen D. geblieben. Wenn sie
es wüßte! Aber ernstlich gesprochen, lieber Wilhelm, willst Du die
Zeichnung, wenn sie fertig ist? Dalberg behauptet, Du müßtest
sie haben.
Was Schönfeldt über Schiller gesagt hat, ist köstlich. Ich behalte
mir vor, Lotte mündlich zu ihren künftigen Schätzen zu gratulieren.

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