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[   Band 1 Brief 61:    Humboldt an Caroline    [Berlin], den 26. Juni 1790   ]


bei der Forstern war, sprachen wir davon, und ich mußte ihr ver-
sprechen, keinen mehr zu tragen. Damit ich mich immer daran er-
innerte, nähte sie mir ein T (Therese) mit Zwirn in meinen Rock-
schoß. Mit diesem Rockschoß ging ich lange Zeit, gleich einem
Kreuzritter, und Johann selbst kennt den Rock unter dem Namen
des T-Rocks. Seitdem trag ich denn auch keinen Schlafrock mehr,
eine viertel Stunde des Morgens und des Abends ausgenommen.
Siehst Du es aber gern, wenn ich einen trage, so kannst Du
das äußerst leicht machen. Du brauchst es nur zu wollen. Denn
Brinkmann, der von ungefähr unser Verhältnis erfahren hat,
hat jetzt bei allen unmöglich scheinenden Dingen zum Losungs-
wort gemacht: Wenn sie es will! Bei diesem blinden Gehorsam
wirst Du doch auch recht vorsichtig sein bei Deinem Wollen,
liebe Lina?
Nun lebe wohl, meine liebe Herzenslina. Das war einmal
ein längerer Brief als sonst. Es waren ja so frohe Stunden für
mich. Man ist sich doch so viel gegenwärtiger, wenn man sich liest
und schreibt. Dienstag habe ich nun wohl wieder einen Brief von
Dir. Ach, ich bitte Dich so herzlich. Ich schreibe doch nun recht
regelmäßig. Nicht wahr, Du hast einen viel besseren Wilhelm als
die Schmidtin? Ich schreibe viel öfter. In Burgörner hast Du
auch mehr Muße. Deine Briefe sind da so lang und hübsch —
freilich nicht vernünftig, wie Du sagst. Aber, sonderbares Mädchen,
als wenn je ein Laut Deiner Seele mir nicht unendliche Freude
gegeben hätte, und als wenn nicht das, was uns so unvernünftig
scheint, immer das wäre, was uns gerade unsrer augenblicklichen
Stimmung am meisten eigen ist. O darum schreibe mir ja immer so.

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