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[   Band 1 Brief 121:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Freitag, 26. Januar 1791   ]


zurück, wo dies und jenes mich in stiller Empfindung beglückte.
Zürne nicht, wenn da manchmal ein Teil der Nacht verstreicht, ich
stehe dann spät wieder auf, und meine Gesundheit leidet nicht.
Aber ich kann mich nicht trennen von den Nächten, und wie
lebende teilnehmende Wesen wandeln die Gestirne über meinem
Haupte. Sie sind mir so teuer, ein Zeuge meines Glücks, ein
Genosse meiner Leiden, und dann sind sie das Bild der Freude in
süß hinschmelzender Wehmut. Denn so glänzen sie jugendlich in
der schwarzen Nacht. Warum kannst Du’s nicht wie ich es ge-
nießen, dies namenlose Schauspiel? Warum ist Li so eingeschränkt,
daß sie nicht allein ausgehn kann und nicht leben mit der nächt-
lichen, einsamen Natur? Ach! sei bei mir, und Hand in Hand
wollen wir sie besuchen, die uns traurig sah, und der freudige Blick
soll ihr danken, was sie dem bangen Herzen einflößte — den beben-
den Trost, die Süße in den Augenblicken der bängsten Wehmut. —
Schiller ist also doch außer Gefahr. Die arme Lolo. Sag
ihr, wie ich ihren Schmerz geteilt habe, wie ich mich jetzt der schönen
Hoffnung freue.


122. Caroline an Humboldt               [Erfurt], 2. Februar 1791,
                                                  Mittwoch morgen

Dalberg hat jetzt ein gar sonderbares Tableau geendigt. Die
Gelegenheit gab eine sehr schöne Büste, die er geschenkt
bekam und nach der er uns versprach, einen Kopf zu
malen, um Carolinen und mir die Behandlung der Farben zu zeigen.
Die Büste stellte den Genius vor. Er studierte die außerordentlich
schönen und abgeschnittenen Formen daran und fing sein Tableau
an, wie er alles recht im Kopf hatte. Aber wie malte er den
Genius? — Fliegend, mit wehenden Haaren, eine Flamme auf dem
Kopf, in der Schönheit und Jugend höchster Blüte. Über ihm

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