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[   Band 1 Brief 124:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Sonntag abend, 6. Februar 1791   ]


davon denke, und dann den Ausschlag seiner Entschließung an-
heimstellen; übrigens fühle ich, daß diese eigentlich ganz gefaßt ist.«
Er lächelte, wie er das sagte, ich wollte eben antworten und die
Unterredung fortführen, als jemand ins Zimmer kam, so daß ich
es nicht konnte. Aber es wird sich nun schon machen, und ich
werde mein möglichstes tun, Papa zum baldigen Schreiben zu
bringen. Den Mittag bei Tische war Papa außerordentlich heiter.
Ich ging nach dem Essen mit meinem Bruder in sein Zimmer und
sagte ihm, was vorgefallen sei. Obgleich ich ihm schon vor einiger
Zeit von Deinem Plan gesprochen, den Dienst zu verlassen, kam
ihm doch Deine eigne Erklärung an Papa äußerst unerwartet, und
vor allem begriff er nicht, wie Papa den Mittag so heiter und
lustig habe sein können, da all dieses seinen Aussichten mit Dir
schnurgerade zuwider sei. In der Tat gestehe ich Dir, daß Papas
große Ruhe mir selbst ordentlich wunderbar vorkommt. Ich weiß
wohl, daß ihn eigentlich nichts sehr heftig bewegt, aber eine trübe
Miene hatte ich auf einige Wochen erwartet. Und nun nichts von
dem allen; denn daß seine Gleichmütigkeit nicht etwa angenommen
ist, darauf kannst Du heilig zählen. Übrigens freute sich Ernst,
wenn er mich hier behielte. Die Menschen, meinte er, würden
freilich darüber sprechen, aber das täte nichts, warum Du bei
Deinen guten Aussichten, eine schnelle Karriere zu machen, den
Dienst verließest, könne er freilich nicht begreifen, aber wenn eine
freie Existenz zu Deinem Glücke notwendig sei, so habest Du auch
wieder recht, sie Dir zu verschaffen. Du siehst, das Bild war recht
vernünftig. Also werden wir nun bald in Ruhe sein, mein süßes
Leben. Papa wird noch einen langweiligen Brief schreiben et puis
ce sera tout. Es war unumgänglich notwendig, diesen entschiedenen
Ton mit Papa zu nehmen, denn sonst hätte sich die Sache in eine
fürchterliche Länge gezogen . . . Du sagst, es war vielleicht nicht
delikat, seine Entschließung zu genieren, ach, aber man kann nicht

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