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[   Band 1 Brief 160:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Donnerstag abend, 2. Juni 1791   ]


. . . Du kannst Alexandern vorläufig instruieren, daß unser
Hochzeitstag den 29. ist. Ach, ich hätte so gewünscht, es hätte der
22. sein können, aber bei Papa seinen Umschweifen ging es nicht
an. Seine soupers und dergleichen wären nicht in Ordnung gewesen.
Ich habe Papa geschrieben und aus vielen Gründen bewiesen,
daß es der 29. sein müsse, und meine Gründe sind von solcher
Triftigkeit: qu’il n’y a pas de réplique à faire. Also der 29., aber
früher sehen wir uns. Laß mich und mich allein es wissen, um
welche Stunde Du einzutreffen denkst.


161. Humboldt an Caroline  [Tegel], Freitag abend, 3. Juni 1791

Wieder so lange konnte ich nicht zu meiner Li kommen.
Alexander ist heute früh abgereist, die Trennung von ihm
tat mir weh, er ist sehr gut geworden und doch bei
weitem anders, als ich ihn mir dachte. Ich will nicht streiten, daß
er nicht eitel sei, aber er läßt es doch wenig blicken, hat eine An-
schauung fremder Größe und Schönheit und anspruchlose Be-
wunderung, wo er sie zu finden glaubt. Etwas eigentlich Großes hab ich,
genau genommen, nicht in ihm gefunden, aber doch eine bei weitem
mehr als gewöhnliche Wärme, Fähigkeit zu jeglicher Aufopferung
und große und starke Anhänglichkeit. Glücklich wird er schwerlich
je sein, er ist nicht ruhig und wird es nie werden, weil ich doch
nie glaube, daß irgend ein Interesse sein Herz beschäftigen wird,
und er doch gerade für eine solche Existenz Sinn und tiefe Achtung
hat. Er wird nie mit sich zufrieden sein, weil er fühlt, daß er sich
selbst nicht auszufüllen vermag. Hie und da hat er dies sogar gegen
mich geäußert, obgleich meist wie ein Schleier zwischen uns über

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