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[   Band 2 Brief 65:    Humboldt an Caroline    Rom, 21. April 1804   ]


Nach Dir sehne ich mich oft sehr, gutes, teures Kind. Es ist das
erste Mal, daß Du ohne mich niederkommst. Es schmerzt mich recht.
Es wäre Dir doch wohl ein Trost. Schreibe mir doch, wann Du
eigentlich niederzukommen denkst. Über die Zeit Deiner Reise nach
Paris bestimme nur ganz selbst nach eigener Lust. Von hier kann ich
nichts sagen. Aber mache nur, liebe Seele, daß Du dich amüsierst
und gesund bleibest. Kürze auch die Reise nicht ab, um mich nicht
so lange allein zu lassen. Wenn Du nur Freude hast, bin ich recht
gern so, und einmal weggereist, ist doch so viel Mühsames über-
standen, daß man es auch genießen muß.
Adieu, liebe, teure Seele. Grüße herzlich Kohlrausch, der aber
nun nicht mehr bei Dir sein kann, und umarme die Kinder.
Ewig, ewig Dein H.


66. Humboldt an Caroline            Rom, 28. April 1804

Unser Briefwechsel, liebe Li, betrübt mich recht. Ich schreibe
alle Tage, die Gott ruhen läßt, aber immer ist mir’s, als
bekämst Du die Briefe erst, wenn Du wieder hier sein
wirst. Die Adelheid blüht mit jedem Tage wieder mehr auf. Sie
geht alle Tage, meist mit dem Kandidaten, spazieren und ist über
alle Maßen lustig. Das Italienische war durch die Krankheit zurück-
gekommen, weil sie da immer nur bei uns war, aber jetzt ist es wieder
in vollem Flor, nun spricht sie ganz wie eine Römerin und Deutsch
ganz schlesisch nach dem »Candaten« Körbel, Brinkel, ein Fleck für
ein Lappen, unerhörte Worte. Sie amüsiert mich unendlich. Seit dieser
Woche ist auch das Wetter himmlisch. 17, 18, 19 Grad immer, und
ein Orangenduft, sobald ich nur ein Fenster aufmache. Ach! wie oft,
liebe Li, denke ich an Dich, wenn ich so gegen Abend spazieren gehe.
Noch neulich war es himmlisch im Coliseum. Dann tut es mir so leid,

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