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[   Band 2 Brief 126:    Caroline an Humboldt     Mailand, 11. Januar 1805   ]


ich fürchte auch, daß wir uns den ersten unaussprechlich süßen Genuß
schmälern, wenn wir ihn nicht mit Ruhe genießen. Wie tief schmerzt
es mich, daß Du so unordentlich Briefe von mir gehabt hast und
vielleicht jetzt noch nicht einmal weißt, woran Louise gestorben ist.
Es ist ein Kurier zwischen Turin und Mailand ermordet worden,
und vielleicht ist es gar der, der Dir die umständliche Nachricht ihres
Todes brachte.
Ich habe die Staël hier gefunden, sie ist sehr lieb gegen mich
und reist morgen ab, kommt aber später wie ich an, weil sie über-
all bleibt. An der ersten Dogane der italienischen Republik habe
ich, mein liebstes Leben, Deine Sorgfalt empfunden und die Ordre,
mich mit meiner Bagage ungehudelt durchzulassen. Es war uns ein
recht freundlich Zeichen Deiner Liebe. Adieu! Die lieben Kinder
umarme ich tausendmal. Gott, welche Freude, sie und Dich aufs
neue in die Arme zu schließen!


127. Humboldt an Caroline                    Rom, 12. Januar 1805

Du bist also wirklich unterwegs, liebe arme Li, in Kälte,
schlechten Wegen, schmutzigen Wirtshäusern, Du tust mir un-
endlich leid. Wenn Du aber hier bist, will ich Dich dafür
auch recht pflegen, und der Anblick der lieben kleinen Mädchen, die
sehr wohl sind, soll Dich alles Ungemach der Reise vergessen machen.
Alexander schreibt mir, daß Du am 25. Dezember abgereist bist,
auch Schlabrendorff hat dem Brief einige Zeilen zugefügt. Ich denke
Dich mir jetzt in Mailand, und dann kann Dich dies Blatt in Bologna
finden. Ich schreibe auch nach Fano poste restante und nach Ancona.
In der Ungewißheit, welcher Brief Dich trifft, ist es mir unmöglich,
ordentlich zu schreiben. Meine Sehnsucht, Dich zu sehen, ist un-

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