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[   Band 3 Brief 14:    Caroline an Humboldt     Rom, den 26. November 1808, abends   ]


hineinfuhr! Wie so vieles ist anders geworden, mit welchen un-
säglichen Schmerzen ist das Herz bekannt geworden, die es damals
nicht kannte, und welcher Reichtum von Empfindungen und Ge-
danken, welche Fülle und Tiefe haben, ach, diese Schmerzen aus
unserm Innersten entwickelt. Es ist das einzige, wo ich wage mich
neben Dich zu stellen, ach, ich tue es mit eben dem Gefühl von
tiefer Demut, mit dem ich sonst so gern in den Schatten trete.
Du kennst mich hierin allein. Ich hoffe doch, der Himmel wird mir
segnend sein und mir dies Kind schenken, ich habe so eine rührend
tiefe Freude, selbst an allem, was ich täglich dadurch leide und bin
keinen Augenblick trüb und verstört und verworren, wie ich mich
wohl erinnere oft mit der kleinen Gabrielle gewesen zu sein. Aber
da lag auch der nordische Himmel auf mir, und hier blick ich in
die Klarheit der unendlichen Himmelswölbung über St. Peter.
Ich höre auf, um die Post nicht zu versäumen.
Ewig Deine C.


15. Humboldt an Caroline              Erfurt, den 26. November 1808

Bei meiner Rückkunft aus Gotha, am 24. habe ich Deine
beiden Briefe vom 2. und 5. gefunden, die mich unendlich
gefreut haben. Du schreibst so gut und schön, und findest
immer Worte, die so tief und innig ergreifen.
Glaube ja nicht, liebes Herz, daß nur die Gegenwart mich an
sich reißt. Meine Tätigkeit, meine äußere Heiterkeit können aller-
dings überall dieselben sein, und wirklich gewinne ich leicht jeder
Umgebung einen Charakter ab, unter dem sie mir lieb oder wichtig
wird. Allein das wahre Große ist doch nur das, an das man sich
in jeder Zeit und jeder Stimmung in stiller Seele wendet, woraus
man Begeisterung schöpft in den regen, und wo man Ruhe sucht

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