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[   Band 3 Brief 93:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 6. Julius 1809   ]


93. Humboldt an Caroline      Königsberg, 6. Julius 1809

Zuerst meinen innigen Dank für Deine Sorgfalt, mir ein
Geburtstagsgeschenk vorzubereiten. Wie sollte ich schmälen?
Die kleine Zeichnung macht mir so viel Freude, und ein
Bild ist doch unbegreiflich mehr. Ich freue mich im voraus un-
glaublich darauf. Wie Du in Paris warst, hatte Schick mehrere
Kompositionen gemacht, allein damals waren die Mädchen zu klein.
Wie hast Du sie nur jetzt zum Stillsitzen gebracht? Wann werde
ich nur das Bild sehen?
Bei dieser Frage fällt mir natürlich die neueste Veränderung
Roms ein, die ich gestern nach Deinem Brief ahndete und heute
schon in Zeitungen lese. An Gesandtschaft dort ist nicht mehr zu
denken, und es ist sehr die Frage, ob Preußen in seinen jetzigen
beschränkten Verhältnissen je eine eigene Gesandtschaft mit Neapel
errichtet. Schreibe mir, wie es mit dem Wappen *) geworden ist ?
Mein Aufenthalt hier fängt an, mir in tausend Rücksichten
lästig zu werden, und doch kann ich ihm noch kein Ende finden.
Teils ziehen und zerren sich die Sachen, wegen deren ich herkam,
unendlich in die Länge, teils ist die Nähe des Ministeriums für
viele Verhältnisse so notwendig, daß ich, wenn ich zurückgehe, wieder
tausend Angelegenheiten empfinden werde. Daß der König ginge,
davon ist gar keine nahe Hoffnung abzusehen. Und doch wäre es
so nötig, es ist nur Grille und Verblendung. Es ist unendlich traurig.
Lebe herzlich und innig wohl.

———
*) Mit dem päpstlichen Wappen. Vgl. S. 180.

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