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[   Band 3 Brief 150:    Humboldt an Caroline    Rudolstadt, 31. Dezember 1809   ]


sicht trefflich ist. Wahrer Geist und sehr viel Selbständigkeit bei
einer sich immer gleichbleibenden Güte.
. . . Ich gehe morgen nach Weimar, aber über Jena, weil
es jetzt doch gut ist, den Universitäten nicht vorbeizureisen, und
weil ich auch gern auf dieser Reise die ehemaligen Erinnerungen
sammele. Wir waren doch auch in Jena sehr glücklich miteinander.
Ach! wo war ich es nicht mit Dir! — Ich habe gewiß noch
einmal soviel Verstand, wenn Du wieder bei mir bist. Jetzt geht
er mir manchmal recht aus. Aber blaß und mager bin ich doch
wirklich nicht. Ich habe sogar mehr Haare, und wenn ich auch
nicht behaupten will, daß ich Eroberungen machen könnte, obgleich
sich auch davon ein Wort sagen ließe, so sehe ich ganz honnet
und appetitlich aus. Ich habe hier vielmehr Berwunderung erregt,
und die Fürstin und chère mère *) haben mir beide gesagt, daß ich
nie so wohl von Farbe und sonst gewesen wäre. Also sei nicht
um mich in Sorge, liebe Seele. Ewig Dein H.


151. Caroline an Humboldt                   Rom, 3. Januar 1810

Du wirst, geliebter teurer Wilhelm, aus meinen vorigen Briefen
gesehen haben, wie ich an Dich gedacht und Dich um die
Winterreise beklagt habe, und wie ich auch an Auleben
und unser einsames Leben dort gedacht habe. Meine liebe Seele,
Du hast ja fürchterlich gearbeitet die letzten Tage in Königsberg —
ich begreife das wohl und sah es gleich voraus, wie die Todes-
nachricht kam. Ich habe auch seitdem gar keine Nachricht von
Erfurt, was mich ausnehmend wundert. Wenn nur mit Dunkern **)

———
*) Vgl. S. 43. — **) Vgl. S. 16.

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