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[   Band 3 Brief 177:    Caroline an Humboldt     Neapel, 5. April 1810   ]


177. Caroline an Humboldt                Neapel, 5. April 1810

Ich habe drei außerordentlich schöne Tage genossen, den
2. gingen wir nach Puzzuola und sahen dort die Über-
reste des Altertums und ergötzten uns an der herrlichen
Aussicht. Der Tempel des sogenannten Jupiter Serapis ist sehr
merkwürdig. Drei ungeheure Säulen stehen noch. Sie sind von
Granit, von vielen anderen stehen noch die Postamente. Dieser
Tempel ist in seinen Ruinen so merkwürdig, weil er einem
die allerdeutlichste Darstellung der inneren Einrichtung gibt. Er
ist sehr prächtig gewesen, und es liegen ungeheure Berge von Frag-
menten überall herum.
Den 3. April fuhren wir wieder nach Puzzuola und von da
zu Wasser nach der Grotte der Sybille, nach den Stufe di Nerone,
nach Baja, nach Bauli und zum Mare morto, den Elysäischen
Feldern und Kap Misene. Da ist eine Aussicht in den Campi
Elisi, daß man hinknien möchte und beten und sagen: »Gott! wie
hast Du die Erde so schön gemacht.« Die Schönheit der Erde
und des Himmels, diese Verschmelzung und Umarmung beider
macht mich überhaupt so still, und ich möchte beinahe sagen, an-
dächtig. Man wandelt unter diesem Himmel wie in einem Tempel
der Gottheit, das Herz ist tief gerührt von solcher Schönheit. Mir
ist schon tausendmal eingefallen aus den »Künstlern«:
         »Was du als Schönheit hier empfunden,
         Wird einst als Wahrheit dir entgegengehn.«
Gestern war ich früh in Portici, um das Museum zu sehen,
wo nichts mehr als die Malereien aus den verschütteten Zimmern
von Pompeja sind. Die allerschönsten sind mit nach Palermo
genommen worden, aber es sind noch merkwürdige da und in großer
Menge. Die Alten haben die Malerei sehr gut verstanden, und
ich und Rauch halten diese, wenigstens alle aufgesetzten Lichter, für

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