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[   Band 3 Brief 199:    Humboldt an Caroline    Berlin, 19. Junius 1810   ]


Über die ganze Veränderung weiß ich wenig schriftlich zu
sagen. Zwei Dinge haben mich hier weggebracht. Erstlich Harden-
bergs überwiegende Neigung, mich in der auswärtigen Karriere
zu sehen, und dann Dohnas Abneigung, sein Ministerium zu teilen.
Denn ohne Minister zu werden, wäre ich freilich nicht hier ge-
blieben. Minister zu sein, ist, wenn man einmal dient, immer sehr
gut. Man kann nie wieder in eine abhängige Lage geraten.
Hier in der Stadt ist zwar Unzufriedenheit über mein Weg-
gehen, aber man ist zufrieden, daß ich ausgezeichnet worden
bin, und man sieht, daß ich einen kompletten Sieg über meine
Gegner davongetragen habe. Was aber ernsthafter als dieser
Scherz ist, ist, daß ich nichts als das Rechte und schlechterdings
Notwendige dazu getan habe. Nicht einmal Hardenberg habe ich
eher gesehen, ehe ich nicht von ihm schon erfuhr, daß ich nach
Wien bestimmt sei.
Ich muß heute schließen. Ich gebe Ende dieser Woche meine
Sektionen ab und habe also in dieser fürchterlich zu tun. *) Verzeih
mir, einzig teures Herz.
Adieu!


200. Humboldt an Caroline             Berlin, 23. Junius 1810

Ich habe Dir neulich kürzer schreiben müssen, liebe Li, und be-
finde mich heute noch ungefähr in derselben Notwendigkeit.
Es ist Hellmuths **) Geburtstag, und ich habe ihm und
seinen Eltern die Freude machen wollen, sie bei mir zu haben. Sie
essen also bei mir, und ich erwarte sie mit jedem Augenblick. Bis

———
*) Humboldt verfaßte außerdem in diesen Tagen eine Denkschrift mit
Vorschlägen für ein neues Verwaltungssystem. Vgl. Bruno Gebhardt,
Bd. I, S. 355.
**) v. Laroche.

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