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[   Band 4 Brief 21:    Humboldt an Caroline    Ratiborschitz, 20. Junius 1813   ]


Davon gehe ich nicht ab, und wenn es möglich wäre, daß Harden-
berg, wie ich nicht glaube, es wollte, so werde ich ihn nun schon durch
den point d’honneur festhalten. Ich habe gleich, wie ich nach
Reichenbach gekommen bin, für notwendig gehalten, mich fest an
Hardenberg anzuschließen. Er hat große Schwächen. Die ent-
setzliche Frau v. Beguelin *) sitzt den ganzen Abend und auch schon
am Tage neben ihm auf dem Sofa, indes man Geschäfte abmacht. . . .
Der Abschied, wie wir hierher gingen, war sehr zärtlich, und als
wir nach durchfahrener Nacht in einem Ort hinter Glatz ankamen,
wo die Kinder der Schönen sind, ging der arme alte Mann selbst
hin, sie zu besuchen. Die Administration hat unglaubliche Fehler,
allein in diesem Augenblick muß man über alles das weggehen und
sich an die wirklich gute und edle Natur des Menschen halten
und diese fixieren, und das habe ich getan. Ich bleibe nun hier,
aber so, daß ich selbst damit zufrieden bin. Vermutlich heute über
acht Tage geht die Zusammenkunft der Gesandten in Gitschin an
(dies alles ist Geheimnis). Wir werden alle im Schloß wohnen.
Die ersten Tage kommt Hardenberg selbst hin; höchstwahrscheinlich
bleibt’s beim Kriege; wird ein Frieden, so kann es nur ein guter
sein, entsteht erst ein Mittelzustand bis zum allgemeinen Frieden,
so muß Napoleon alle Festungen räumen und bis an den Rhein
zurückgehen. So denken wir jetzt.
Die Zusammenkunft hier hat gewiß immer das Gute gehabt,
daß Metternich gesehen hat, daß wir fest sind, ohne eigensinnig zu
sein, und daß seine Bemühungen auf uns nicht gelingen können.
Gentz ist uns von einem ungeheuren Nutzen, und die Herzogin
unterstützt uns auch. 
Der arme Lebzeltern ist gar nicht in Gnaden, da er ganz
denkt wie wir, und Stadion sucht einen ehrenvollen Ausweg.

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*) Amalie v. Beguelin geb. Cramer, geb. 1778, † 1849, früher Freundin
Gneisenaus.

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