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[   Band 4 Brief 117:    Humboldt an Caroline    Basel, 18. Januar 1814   ]


daher nun angehen und werden auch vermutlich in wenigen Tagen
vollendet sein. Ob ein Kongreß noch stattfinden wird, ist mir bis
auf diesen Augenblick ungewiß. Auch der Ort ist noch nicht be-
stimmt, und ob ich davon sein würde, weiß ich nicht. Amüsanter
ist es unstreitig, dem Hauptquartier zu folgen, als in einem dunkeln
Orte mit Gesandten Noten zu wechseln. Indes hält man dies
für ehrenvoller. So wird meine Freude und mein Leid über diese
Sache schwerlich über eine Viertelstunde dauern.
Der Nuntius hat mir selbst geschrieben und die Grüße des
Papstes *) ausgerichtet. Ich habe ihm heute geantwortet. Man wird
gewiß für den Papst sorgen, und er kann überzeugt sein, daß ich
gerade, ehe ich des Nuntius letzten Brief bekam, sehr eifrig bei
unserm Ministerio, wo man doch leicht falsche Begriffe vom Papst
und Rom hat, für ihn gesprochen habe. Seine wahre Wieder-
einsetzung liegt mir ganz vorzüglich am Herzen und wahrlich nicht
bloß wegen Persönlichkeiten. Es ist aber wichtig, daß es in den
Staaten des Papstes ein Land in Europa gebe, das einen sicheren,
allgemeinen und immer freundlichen Zufluchtsort für Melancholie
und Nachdenken, für Schwärmerei und Gleichgültigkeit an der
Welt, für stilles Glück und tiefes Unglück, für Wissenschaft und
Kunst gebe, und es ist auch notwendig, daß Rom, wie es noch
ist, und seine Überreste geschützt werden vor ferneren Angriffen des
Frevels und des Übermuts. Außerdem ist es süß, für ein Land
zu arbeiten, in dem man die schönsten Jahre verbracht hat, das
die schmerzlichsten und wieder dem Herzen teuersten Angedenken in
sich trägt. Wenn ich auch Rom nie wieder sehen sollte, würde
das mich ungemein glücklich machen.
Es war heute der Geburtstag des kleinen Mädchens im
Hause. Ich habe ihr vom Koch einen schönen Kuchen mit einem
Zuckerguß backen lassen mit ihrem Namen darauf und habe sie

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*) Graf Chiaramonti, geb. 1740, † 1823, seit 1800 Papst Pius VII.

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