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[   Band 4 Brief 158:    Humboldt an Caroline    Paris, Hotel Vendome, 14. April 1814   ]


oder sonst wohin gehen muß da noch einiges zu machen ist, wozu
man mich wahrscheinlich brauchen wird. Allein verlaß Dich darin
auf meine tiefe und innige Sehnsucht und auf meine Schnelligkeit
im Reisen. Ich sehe Dich gewiß. Nimm Du nur Deine
Richtung fest.
Gestern abend von 11——2 war ich mit Alexander bei Gérard *),
dem Maler, wo eine große Gesellschaft war. Auch den jungen
Steuben **) sah ich da, er ist ein sanfter, hübscher Mensch. Er hat
die helle Ferronnière gemalt, die wir haben, und auch Alexanders
Bild, das ich noch nicht sah.
Adieu, süße, teure Seele. Umarme die Kinder.
Ewig Dein H.


159. Humboldt an Caroline                 Paris, 15. April 1814

Heute zog der Kaiser Franz in Paris ein. Der Kaiser
Alexander, der König, Monsieur ***) und Bernadotte ritten
ihm entgegen, und die meisten Minister waren, außer
dem Militär, im Gefolge. Ich war mit dem Kanzler auch dabei.
Auf dem Revolutionsplatz war die große Revue. Es war schönes
Wetter und wirklich ein sehr imposantes Schauspiel, und die
französischen Marschälle und Generale ritten schon ganz friedlich
mitten unter uns. Die Truppen machten einen erstaunlichen Effekt,
es waren die russischen und unsere Garden zu Pferde und zu Fuß
und einige sehr schöne österreichische Regimenter. Der Platz trug
auch nicht wenig dazu bei, das Schauspiel anziehend zu machen.

———
*) François Pascal Gérard, geb. 1770, † 1837, Schüler Davids.
**) Vgl. S. 276.
***) Titel, den Ludwig XIII. dem ältesten Bruder des Königs von
Frankreich verliehen hatte, und den nun der Bruder Ludwigs XVIII., Graf
von Artois, der spätere König Karl X., geb. 1757, † 1836, führte.

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