< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 167:    Humboldt an Caroline    Paris, 13. Mai 1814   ]


deihen entspringt nur aus der Liebe der Seinen, und man arbeitet
dafür nur, insofern man sich an diese fest anschließt.
Napoleon geht wirklich als Souverän nach Elba, doch hat
er die Insel nur auf Lebenszeit, und wegzugehen wird man ihm,
trotz der Souveränität, wohl auch nicht erlauben. In allen
Augenblicken, wo er nicht für sein Leben gezittert hat (denn dafür
hat er sogar geweint!), hat er immer ganz lächerlich kaiserlich getan.
Man erzählt, und es scheint wahr, daß Napoleon und Au-
gereau *) sich beim Übersetzen über einen Fluß begegnet sind und
miteinander gesprochen, und sich wie vor dem Kaisertum Du ge-
nannt haben. Augereau hat ihm dieselbe Frage vorgelegt, die
Du in Deinen Briefen machst, warum er nicht den Tod gesucht
habe, er aber hat geantwortet: »Que veux tu? je ne l'ai pas crainte;
je m’y suis toujours exposé. Cela n'a pas du être, je suis
déstiné à  vivre.« —
Wohl spielt alles Tiefe um Schmerzensgefühle. Aber die
gewöhnlichen Menschen empfinden das nicht und erheben sich mit
Dünkel gegen Mühe und Schmerz, die sie sonst wie treue Ge-
fährten suchen würden.
Lebe wohl, teures Wesen, ich bedaure Dich unendlich der
Mühe des Packens wegen. Ewig Dein H.


168. Caroline an Humboldt              Salzburg, 14. Mai 1814

Ich bin hier vorgestern abend angekommen, mein teurer
Wilhelm, kann aber erst heute schreiben, da die Post
nicht früher geht. Die letzten Tage in Wien waren
sehr fatigant, über alle Beschreibung fatigant, und es wurde zuletzt

———
*) Vgl. S. 137.

                                                                       332