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[   Band 4 Brief 209:    Humboldt an Caroline    Wien, 7. November 1814   ]


deutsch, spricht es wirklich sehr gut und selbst mit Dalberg *) be-
ständig und freut sich auf uns in Paris — was mir aber bis
jetzt immer wie Hüsterlo und Krekelborn vorkommt, zu dem wir
den Weg vielleicht nicht finden möchten. In Paris geht schon,
und vielleicht nicht von selbst, die Rede, daß ich London vorzöge
und dahin gehen würde, daß es nur von uns abhinge, ich kann
noch viel richtiger sagen von Dir, da ich darin nur Deinen Willen
habe. Ich sehe, wenn wir wollen, nur ein mögliches Hindernis,
dem ich freilich nachgeben würde, wenn nämlich meine Anwesenheit
in Paris für wichtiger gehalten würde.
Dalberg aß nicht bei mir. Er war engagiert. Wir haben
uns aber beide miteinander humanisiert. Er fragt nach Dir, und
wir reden sogar von politischen Dingen, allein noch auf dem alten
Erfurtischen Fuß, uns bittere Wahrheiten zu sagen. So sprach
er mir neulich über Sachsen, und das Gespräch wandte sich so, daß
ich sagte, daß ich unseren Plan für vollkommen gerecht hielte. Er
wollte das mit einiger Ironie für eine offizielle Sprache nehmen.
Ich sagte ihm darauf: ich hätte Beweise gegeben und wäre bekannt
dafür, daß ich in Geschäften nur in Übereinstimmung mit meiner
Meinung handelte. Ich wünsche, setzte ich hinzu, daß dies immer
der Fall ebenso mit denen sein mag, die mit mir reden. Ein ander-
mal wollte er Preußen die Schuld des Umsturzes des alten
Deutschen Reiches beimessen. Ich sagte ihm erst, daß ich schwiege,
weil ich sonst zu unangenehme Dinge für seine Familie sagen müßte,
da er aber nicht aufhörte, so sagte ich ihm denn, daß nur sein
Onkel das Reich den Franzosen übergeben hätte. Er nimmt aber
alles hin, und wir bleiben immer auf demselben Fuß.

———
*) Reichsfreiherr v. Dalberg, Emmerich Joseph, geb. 1773, † 1833,
Neffe des Kurerzkanzlers, trat unter Napoleon in den französischen Staats-
dienst, 1810 von Napoleon zum Herzog erhoben, beförderte dann die Re-
stauration der Bourbons, war als bevollmächtigter Minister Frankreichs auf
dem Wiener Kongreß und unterzeichnete 1815 die Ächtung Napoleons.

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