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[   Band 4 Brief 226:    Caroline an Humboldt     Berlin, 31. Dezember 1814   ]


kanzler habe ihm geschrieben, den 19. Januar werde alles in Wien
in den Geschäften vollendet sein, und er solle sich eilen hinzukommen!
In der ganzen, ganzen Stadt ging seit der Ankunft des vor-
letzten Kuriers das Gerede, unsere Angelegenheiten seien beendigt
worden, wir behielten alles am Rhein, was wir jetzt besetzt hätten,
bekämen ganz Sachsen außer einem kleinen Teil für Weimar, und
die Grenze gegen Polen sei auch berichtigt. Dies Gerede ging so
herum, daß Theodorn am ersten Weihnachtsfeiertage einige seiner
Kameraden um den Hals gefallen sind und gesagt haben: »Nur
Humboldt soll leben, er hat uns das alles durchgefochten.«
Ich breche hier ab. Adieu, geliebtes Herz.


227. Humboldt an Caroline                     Wien, 1. Januar 1815

So hat denn das Jahr heute begonnen. Für unser häusliches
Leben war es [das Vergangene] kein glückliches. Wir
haben uns eigentlich kaum gesehen, denn die wenigen Tage
in der Schweiz vergingen wie ein Traum. Dazu warst Du noch einen
großen Teil des Jahres, fast den größesten, sehr leidend. Ich wünsche
von Herzen, liebe, einzig teure Li, daß dies Jahr Dir glücklicher sein
mag, daß Du gesund und froh und heiter bleiben kannst, und ich
bald und dauernd mit Dir vereint sei. Aber es ist wie ein Unstern,
der uns jetzt immer trennt und entfernt hält. Wie es auch werden
mag, kann ich nicht hoffen, vor dem März hier wegzukommen,
und dann die Niederlassung in Paris. Es gehört sehr viel Geduld
dazu, das Leben so abzuwinden, und man verliert indes kostbare
Jahre und das schönste und einzig belohnende Glück.
Dennoch kann ich nie bereuen, daß Du nach Berlin gingest.
Hier würde es Dir unbeschreiblich widrig sein, und selbst Deine

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