< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 251:    Humboldt an Caroline    Wien, 14. März 1815   ]


Heute hat Metternich in einer kleinen Konferenz erzählt, er
habe der Marie Louise die Erklärung gebracht, sie habe ihn gefragt,
was man mit ihrem Mann machen würde, wenn man ihn bekäme?
Er habe geantwortet, wenn man ihn in Österreich hätte, werde
man ihn festsetzen, in Frankreich könne er leicht gehangen werden.
Sie habe geantwortet, es sei doch traurig, daß ihr Sohn einen
Gehangenen zum Vater haben soll. Wenn man auch viel von der
Wahrheit dieses Gesprächs abrechnen muß, so ist es doch schrecklich,
daß Metternich, der die Person, die unglücklich sein würde, wenn
sie Stoff dazu hätte, so elend und schändlich hingeopfert hat, noch
wagt, so mit ihr zu reden oder so etwas zu erdichten und zu er-
zählen. Es gehört eine mehr als eiserne Stirn dazu.
Ich schließe mit Eugen *). Du entschuldigst Deine Heftigkeit.
Aber wir sind beide darin gleich. Ich habe in vollem Ernst dem
Kanzler erklärt, daß ich es nicht unterschriebe, wenn er Fürst,
d. h. souveräner Fürst in Deutschland würde, wie der Kaiser
will, und der Kanzler hat mir dasselbe von sich gesagt. Ich
halte Wort. Kommt es vor, so verlasse ich Knall und Fall den
Kongreß.
Halte das nicht für Scherz, teure Seele, es kann dazu kommen.
Es ist mir aber, wie ich es überlegen mag, innerlich unmöglich, es
zuzugeben, und äußerlich ebensosehr. Man muß schon sehr viel
auf diesem Kongreß auf seinen Namen nehmen, und wenn das
Maß geschüttelt und gerüttelt voll ist, läuft es mit einem
Tropfen über.
Nun lebe wohl, mein Einziggeliebtes. Ewig Dein H.

———
*) Vgl. S. 423.

                                                                       495