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[   Band 5 Brief 67:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 18. Dezember 1815   ]


bei ihm. Ob er gleich sagt, daß er sich leidend fühlt, so fand ich
ihn doch auf und recht munter aussehend. Seine Ankunft hat hier
wirklich im Volk einen sehr großen Enthusiasmus erregt, der sich
noch mehr gezeigt haben würde, wenn er nicht ausdrücklich und sehr
bestimmt alle öffentliche Freudenbezeugungen und allen feierlichen
Empfang verbeten hätte.
Ich meine aus Deinem Brief zu sehen, daß Du jetzt auch den
hast, den ich dem Kanzler mitgab. Du mußt zugleich einen von
Carolinen bekommen haben, sonst fordere ihn nur vom Kanzler.
Ich begreife, daß der arme Mann sehr viel zu tun haben muß.
Soviel ich aus Deinem Briefe sehen kann, hat man ihm bei seiner
Rückkunft nach Berlin auch gar keinen Beweis öffentlicher Teil-
nahme gegeben. Für einen Mann, der wirklich, wenn man nicht ganz
unbillig sein will, sehr viel geleistet hat und der gewiß diesem Leisten
noch täglich große Opfer bringt, ist das sehr niederschlagend. Dazu fühlt
es der Kanzler mehr als ich in der gleichen Lage es tun würde.
Oelsner, der hier ist, der Dir bekannte aus Paris, hat einen
Probebogen eines Journals, ich glaube des »Journal des débats« mit-
gebracht, in dem eine Stelle über Neys Tod ist, die die Zensur ge-
strichen hat. Sie heißt wörtlich, so: Placé en présence du peloton
des vétérans chargés de tirer, il s’est écrié avec cette voix ter-
rible qui avait si souvent porté l’effroi dans les rangs ennemis:
»Soldats, je proteste devant Dieu et devant les hommes que le
jugement qui me condamne, est un jugement inique. Soldats,
droit au coeur!« Ce furent ses dernières paroles, il est à l’instant
tombé percé de douze balles.
Er hat sich immer noch im Tode besser benommen als man
gedacht hat.
Lebe wohl, mein innigst geliebtes Wesen, umarme die Kinder.
Ewig Dein H.

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