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[   Band 5 Brief 70:    Caroline an Humboldt     Berlin, 29. Dezember 1815   ]


Er lächelte und ließ im Verfolg der Unterredung wohl merken,
daß er nicht glaube, jetzt einen anderen als Dich dort haben zu können.
Ich bat ihn, zu erlauben, daß Flemming als Kurier auf drei Tage
herkommen möge, in der Tat würde es mir viel Spaß machen,
Flemming zu sehen, er meinte, Du hättest dann niemand, »obgleich«,
setzte er hinzu, »Humboldt niemand braucht, er macht alles allein.«
Er sprach über Dich mit einer Liebe, die meinem Herzen wohltat.
Von Wolfart konnte ich ihm nicht sprechen, ich hoffe wohl, ich sehe
ihn bald wieder, es muß sich alles natürlich machen, wenn es
fruchten soll. Ich werde, wenn die Gelegenheit sich findet, es mit
inniger Herzensüberzeugung tun, er ist ein Engel von Sanftmut
und liebevollem Gemüt.
Der Weihnachten ist auf das Schönste ausgefallen. Ach, nur
Du fehltest mir dabei, einzig liebes Herz! An zwei Enden eines
langen Tisches brannten zwei kleine Weihnachtsbäume, einen be-
scherte die Gräfin Düben mit allerlei Spielsachen, die drum herum-
standen, ihren Kleinen, den anderen ich dem Hermann. Seine
Hauptspielsachen waren ein Theater, ein sehr schönes Bauspiel,
eine Schwadron Kosaken usw. In der Mitte des Tisches lagen
und standen Carolinens, Adelheids und Gabriellens Geschenke, auf
einem Stuhl daneben Augusts Geschenk, ein Geschirr auf zwei
Wagenpferde. Da sich die Schwestern auch noch untereinander
beschenkt hatten, so war kaum Raum genug, und die erleuchtete
Krone und alle übrigen Lichter und Lichterchen machten den Anblick
außerordentlich hübsch. Wenn nur Du dagewesen wärst! Alle
waren höchst zufrieden und danken, denn ich habe alles mit in
Deinem Namen geschenkt. August sagte, es wären fürstliche Präsente.
Ich bin gestört worden und breche nun ab. Die Kinder grüßen.
Ewig Deine Li.

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