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[   Band 5 Brief 91:    Caroline an Humboldt     Berlin, 17. März 1816   ]


klagt der Staatskanzler wohl über die Widerpart, die ihm die
militärische Partei, wie Grolman, Gneisenau, usw. hält, und er
genießt wohl nicht unter dem Militär überhaupt die hohe Achtung,
die er verdiente.
Von dem sonderbaren Gerücht, als ob es Unruhen in Berlin
gegeben hätte, bei denen die Königliche Familie gefährdet gewesen.
wäre, wirst Du wohl gehört haben. Selbst im ganzen Lande war
es ausgebreitet und geglaubt. Man kann nicht anders darüber
glauben, als daß es von Übelgesinnten ausgesprengt worden, die
den Kredit, den ruhigen Glauben an die Regierung schwächen und
untergraben wollen, der nur da entsteht, wo man eine Regierung
für unerschütterlich gegründet hält.
Adieu, Geliebter, morgen wieder ein Wort.

                                                       18. März.
Der Staatskanzler hat mehreremalen gegen einen Vertrauten
geäußert, daß er mich allein zu sprechen wünsche, ich habe ihm
darauf sagen lassen, daß nichts mir erwünschter sein könne, da ich
ihn in der tiefsten Seele liebte und ehrte, und bäte ihn nur, den
Ort und die Stunde zu bestimmen. So ist es denn bei dem Hin-
und Hersagen die Zeit über geblieben. Er ist wie ein edles Wild
umstellt und bewegt sich nicht frei, wenn er es auch will, das ist
gewiß. Bei der Dame. . .*) ist jetzt eine Kranke. Diese ist som-
nambul und hat die sonderbarsten Dinge ausgesagt. Da man sie aber
sehr verborgen hält, ihr indessen alles wiedersagt, was sie im schlaf-
wachenden Zustande sagt, und den Staatskanzler zu ihr führt, so
ist die Meinung allgemein, daß man durch dieses alles etwas er-
zwecken will, höchstwahrscheinlich den Sturz der magnetischen Behand-
lungen selbst, da sich das wohl nicht bewähren wird, was sie aus-
sagt, und was ihr (selbst vielleicht wenn nicht die allergröbste Be-

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*) Amalie v. Beguelin.

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