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[   Band 5 Brief 156:    Caroline an Humboldt     Rom, 14. Junius 1817   ]


156. Caroline an Humboldt                      Rom, 14. Junius 1817

Gestern abend war der Kardinal Consalvi bei mir. Es
traf sich gerade gut, daß niemand weiter da war, er war
schon einmal, allein vergebens hier. Du glaubst nicht
wie herzlich und gut er sich über Dich ausdrückte, wie er durch-
drungen von allem war, was Du für den Papst damals beim
Wiener Kongreß getan, er wiederholte oft und vielmal, wie dies
Land Dir alles danke, und bat mich dringend, Dir seine angelegent-
lichsten Danksagungen zu sagen. Der Kardinal sieht wohl und
stärker aus als ehemals. Allein der Papst ist in bedenklichen Ge-
sundheitsumständen. Sein Geist ist noch lebendig, allein seine
physischen Kräfte nehmen sichtbar ab. Er ist in Castello, und
der Kardinal glaubte nicht, daß er imstande sein würde, die Funk-
tion am 29. zum Petersfest zu machen. Der Arme! Sein Schick-
sal ist wirklich ein schweres auf dieser Erde gewesen, und der
Mangel, der durch die Mißernten in diesem Lande seit einigen
Jahren eingetreten ist, muß sein Gemüt auch außerordentlich drücken.
Dies Jahr indes verspricht eine mäßig gute Ernte an Korn und
eine sehr gute an Wein und Oliven. Aber noch ist nichts einge-
bracht. Noch kostet der Rabbio Korn, der vor sechs und acht
Jahren schon als ein hoher Preis sieben Scudi kostete, 21 Scudi.
August ist immer in einer Wut gegen die öffentliche Armut, ich
glaube er hat unrecht. Es hängen alle diese Dinge so zusammen,
daß man erst sehr genau die Sache kennen muß, ehe man von
schlechter Verwaltung reden kann, denn auch die sogenannte Faul-
heit der Italiener hängt mit tieferen Dingen zusammen, die dem
Klima angehören. Seit einigen Tagen ist solch eine liebliche
steigende Wärme, die Deiner würdig wäre, mein geliebtes Leben.
Es findet sich heute der Thermometer auf 20, in der Sonne muß
es 26 wenigstens sein.

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