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[   Band 5 Brief 179:    Humboldt an Caroline    Karlsbad, 19. August 1817   ]


bei ihm verleumdet worden, er habe eine Menge Briefe darüber,
und gerade an mir habe er nie die mindeste Falschheit bemerkt.
Er und die Hähnel und Koreff grüßen euch herzlich. Wenn man
den Staatskanzler, ohne Arzt zu sein, beobachtet, muß man ihn für
sehr übel halten. Es ist der allgemeine Eindruck, den er macht,
und viele glauben, daß er nur noch sehr kurz zu leben habe. Er
ist höchst schwach, schläft wenig, hat fast gar keinen Appetit, einen
entsetzlichen Husten und seit mehreren Tagen alle Abend etwas
Flußfieber.
Der Hähnel kommt dieser Zustand sehr bedenklich vor, allein
Koreff beteuert, daß es nichts zu sagen habe. Die Kur habe ihn
angegriffen, der Husten werde sich geben, sobald man, was jetzt
der Brunnen hindert, etwas dagegen brauchen könne, nicht der
jetzige Zustand sei gefährlich, aber der in Berlin, während des
Staatsrats sei es gewesen, wo er drei Tage lang einen Nerven-
schlag befürchtet habe. Alles dies behauptet er, und Gott gebe,
daß er recht haben möge. Denn der Verlust des Kanzlers wäre
gerade jetzt äußerst nachteilig.
Ich bin Dir noch schuldig, von meiner Reise durch Schlesien
zu erzählen. . . . Durch die Festung Neiße fuhren wir bloß durch
und so etwa anderthalb Stunden weiter nach Ottmachau. Es ist
ein Städtchen und liegt auf einem ziemlich hohen Hügel. Auf der
höchsten Spitze ist ein Schloß, da gingen wir zuerst hin. Das
Schloß ist mit einem Garten umgeben, hat einen Turm und ist,
wie es scheint, noch in gutem baulichen Zustande. Es ist aber gar
nicht eingerichtet und es wohnen bloß einige kranke Invaliden dort.
Unten sind kleine Stuben, Küche usf., oben eine Reihe von fünf
bis sechs Zimmern, zum Teil sehr großen, welche die ganze Breite
des Hauses einnehmen und von beiden Seiten Fenster haben.
Gegenüber stehen noch ältere und baufällige Gebäude und zwischen
beiden ist eine unbedeckte Plattform. Die Aussicht auf dieser

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