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[   Band 6 Brief 36:    Humboldt an Caroline    London, 29. Dezember 1817   ]


und gewiß ist es oft so. Verzeih es mir ja, süßes Kind. Aber
ich denke immer, ich vergesse etwas, so schreibe ich, wie es mir
gerade einfällt.
Lebe wohl, mein inniggeliebtes, teures Wesen. Umarme die
lieben Mädchen. Ewig Dein H.


37. Caroline an Humboldt                     Rom, 1. Januar 1818

Mit Dir, mein süßes Leben, fange ich das Jahr an. Möge
es freundlich und mild uns zusammenführen, um uns
nie wieder zu trennen! Ich habe etwas länger geschlafen
und kann Dir heut, um die Post nicht zu versäumen, nur wenige
Zeilen sagen. Ich gab gestern eine kleine Abendgesellschaft denen,
die am meisten zu mir kommen. Wir waren doch 26 Personen.
Adelheids und Augusts Porträt hingen im Zimmer, da die Lieben
nicht selbst gegenwärtig sein konnten, und Deine Büste, vor die
der junge Schadow den schönsten Strauß von Blumen gestellt
hatte, wie die Milde des Jahres sie hier fortwährend gibt. Die
Herz und Mademoiselle Klein *), ihre Reisegefährtin, der Hofrat
Weigel, Wach, Lengerich, unsere Reisegefährten, die Schadows,
Thorwaldsen, Ruscheweih, Lund, Herr v. Eckardtstein, Herr v. Ziegen-
herr (derselbe, der mit dem Gesandten v. Werthern aus Konstanti-
nopel kam), der Maler Rohden und noch einige waren zu einem
Butterbrot und kaltem Braten und Bischof bei uns. Im Augen-
blick, wo es 12 schlug, traten zwei Damen herein, eine mit schwar-
zem, eine mit weißem Schleier. Die letzte hatte einen frischen
Kranz auf dem Kopf. Die schwarze war das alte Jahr, die weiße
das neue (Mademoiselle Klein und Gabrielle). Mademoiselle Klein
sagte als altes Jahr einige Abschiedsworte und führte das neue

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*) Auguste Klein, geb. um 1777, † nach 1831, Malerin.

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