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[   Band 6 Brief 54:    Humboldt an Caroline    London, 24. Februar 1818   ]


handeln.« Aber ich bin nun vollkommen entschieden. Ich gehe
kein Paktum mehr mit der Halbheit ein, ich habe darin die nötigen
Erfahrungen gemacht, und weiß, daß es nur schaden kann.
Deine Beschreibung der spanischen Bilder Goethen gegeben
zu haben, tut mir jetzt auch sehr leid. Außer dem Abdruck der
Beschreibung der Rafaels beim Krieg in der Literaturzeitung hat
er gar nichts damit gemacht. Es ist aber unendlich schwer, etwas
von ihm zu erhalten, bis wir, oder wenigstens, bis Du nach Deutsch-
fand kommst, verzweifle ich wirklich daran.
Lebe wohl, geliebtes, teures Kind.


55. Humboldt an Caroline             London, 27. Februar 1818

Ich werde Dir durch Lord Burghers, der auf seinen Posten
nach Florenz zurückkehrt, eine sehr merkwürdige Schrift
von Görres schicken, die auch Niebuhr interessieren wird.
Er hat mit mehreren anderen aus dem Lande eine Adresse an den
Kanzler übergeben, die einige tausend Unterschriften gehabt hat,
und in der unter anderem auf Einrichtung einer Ständeverfassung,
Beibehaltung des öffentlichen Rechtsganges und Geschworenen-
gerichte, Beschränkung der Einfuhr der fremden Manufakturwaren
u. s. f. gedrungen und vorgetragen wird. Man hat, um diese
Adresse unterschreiben zu lassen, ordentlich die Glocken in den Ge-
meinden läuten lassen, die Leute zu versammeln. Nur zwei Ge-
meinden haben die Unterschrift versagt. Görres hat die Adresse in
einer öffentlichen Audienz dem Staatskanzler übergeben, und seine
Schrift ist eine Art öffentlichen Berichts, den er darüber abstattet.
Über jeden Punkt hat er zugleich gesprochen, und über jeden gibt

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