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[   Band 6 Brief 70:    Caroline an Humboldt     Rom, 11. April 1818   ]


voll von den schmerzlichsten und doch süßesten Erinnerungen seiner
Kindheit, denn damals liebte er mich noch. Verzeih, daß ich mich
der Tränen nicht enthalten kann — — das Leben und die Liebe
fließen abwärts, ich weiß es wohl, doch sehe ich andere Kinder,
andere Mütter und kann es nicht ganz verschmerzen, wenn dieser
eine meine Liebe nicht erkennt. Von erwidern kann nie die Rede
sein — —— das kannst nur Du.
Verzeih, wenn ich abbreche, mir ist so unendlich weh geworden.
Ewig Dein.


71. Humboldt an Caroline                  London, 14. April 1818

Ich komme heute sehr spät dazu, Dir zu schreiben, liebe Li,
da ich mich den ganzen Morgen habe herumtreiben müssen.
Du weißt, daß eine meiner Hauptbeschäftigungen hier ist,
der Herzogin, und so viel es durch mich geht, auch dem Herzog
von Cumberland ein besseres Etablissement zu verschaffen. Er hat
nämlich noch immer nicht mehr als vor seiner Verheiratung, und
für sie sind die Ehepakten noch nicht gemacht. Nun haben die
Minister gestern einen Vorschlag für alle Königlichen Prinzen, die
sich verheiraten, ins Parlament gebracht, ein Vorschlag, der eine
ungeheure Summe im ganzen gibt, obgleich Cumberlands nur
12000 Pfund jährlich davon bekommen. Dieser Vorschlag ist aber
mit solcher Opposition angehört worden, daß sehr zu zweifeln ist,
daß er auf diese Weise durchgehen kann. Dies hat mir heute früh
einige Gänge und Briefe gemacht.
Der Herzog von Cambridge heiratet, wie du wissen wirst, die
eine *) der Töchter des Landgrafen Friedrich von Kassel, der Herzog

———
*) Auguste, geb. 1797, † 1889.

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