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[   Band 6 Brief 125:    Caroline an Humboldt     Rom, 22. September 1818   ]


genommen, erklärt wohl nur seine Eitelkeit. Ich teile nicht die Wut
der großen Gräfin, allein ich finde doch unverzeihlich, daß man Dir
nicht einmal seit so vielen Monaten geantwortet.
Von Theodor wußte ich, wie meine Briefe Dir gesagt haben
werden. Einzig inkonsequent finde ich es von ihm, daß, nachdem er
uns ganz beseitigt, wir ihn au fait von unserem Vermögen und
Testament setzen sollen. In sieben Tagen ist der Monat zu Ende,
und von ihm und Mathilde habe ich nichts vernommen! Die
Hölzernheit des Gemüts tut mir, wo ich sie finde, je länger ich
lebe, immer mehr weh.
Lebe nun wohl, meine Seele, für heute muß ich schließen.
Ewig Dein.


126. Humboldt an Caroline                London, 22. September 1818

Ich habe, geliebteste Seele, Deine beiden Briefe Nr. 130
und 131 bekommen. Du schreibst über Deine Sehnsucht,
wieder mit mir vereint zu sein, mit so treuer und unend-
licher Liebe, daß es mich tief gerührt hat. Trotz aller Innigkeit,
mit der Du an Italien hängst, willst Du doch lieber mit mir unter
dem grauen Himmel sein. Ich weiß gar nicht, wie ich Dir das
werde vergelten können. Wie kann man einem den Himmel und
die ewigen Gestirne ersetzen? Dein Scheiden aus Rom tut mir
gleich weh als Dir. Es ist ein wunderbares Geschick, das den
Menschen in äußeren Verhältnissen und inneren Empfindungen, in
Pflicht und Neigung immer in Streit und Entbehrung erhält, und
dies führt, wenn man irgend etwas Höheres in sich fühlt, offenbar
dahin, sich nur an das Glück recht festzuhalten, was man sich gegen-
seitig einander gibt. Meine wahre Beruhigung und meine einzige
dabei ist, daß ich, wenn wir wieder zusammen sind, bloß und einzig

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