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[   Band 6 Brief 126:    Humboldt an Caroline    London, 22. September 1818   ]


bour.« Das Gesicht von Martens hättest Du sehen sollen.
Zugleich war ein Lotteriedirektor Bornemann *) hier, der wegen
unserer Geldgeschäfte hergekommen ist. Dieser hat die plattdeutschen
Kriegslieder gemacht, die Du Dich vielleicht erinnerst, und in denen
sehr hübsche Sachen sind. Von diesen habe ich ihn einiges bei
Tisch hersagen lassen. Der kleine Mr. Valenciennes muß das alles
ertragen. Sie haben doch auch Alexandern gefallen, obgleich ihn
seine lange Abwesenheit so fremd gemacht hat, daß man ihm einiges
erklären mußte. Dieser Bornemann ist zwar auch in Prosa etwas
platt, aber er hat doch einigen Verstand und erzählte über Berlin
nicht nachzuerzählende Dinge, die den Zustand nicht schön schildern.
Der [Gneisenau], auf den Du das Geld für die Kupferstiche an-
gewiesen, hat Alexandern einen langen Brief geschrieben. Er ist im
tiefsten Geheimnis dessen, was man, wie du weißt, mit mir vor hat
und durch die unmittelbarsten Quellen. Er schreibt, man wolle
mich allgemein und auf alle Fälle haben. Die Worte, mit denen
man sich an mich wende, seien: »Ein Mann voll Kraft, der (das
ist nun merkwürdig daran) unsere Bande kühn zerreißt« (er schreibt,
wie sich’s versteht, ganz im ministeriellen Sinne, nicht gegen die Regie-
rung und setzt hinzu), man könne die Geister nicht mehr bändigen,
die man beschworen. Daß ich nun gerade der sein sollte, der ihnen
zurufen könnte: Besen, Besen, seids gewesen! möchte ich auch nicht
behaupten. Ich stehe mit diesem in gar keinem Briefwechsel. So
einzeln und abgesondert diese Notizen sind, so geben sie leider immer
ein Bild des Zustandes.
Ich schreibe heute noch nach Rom, weil ich denke, daß Dich
der Brief gewiß noch treffen soll. Ja, auf Sizilien und Athen
hätte ich große Lust. Wer weiß, wo einen einmal die Erde freund-
lich deckt. Es ist am wenigsten für Dich und mich aller Tage

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*) Wilhelm Bornemann, geb. 1766, † 1851, niederdeutscher Dialekt-
dichter.

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