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[   Band 6 Brief 164:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 1. Januar 1819   ]


ich danach jetzt steure, oder es jetzt nur für leicht möglich halte.
Ich teile darin ganz Deine Ansicht. Hätten sie mich ein zweites
Mal bannen können, wäre wohl auch für das Innere ein Neuer
gekommen. So glaube ich es nicht. Wie gesagt, sie fürchten, und
sie müssen doch auch einen Halt haben. Die jetzigen Minister sind
wie die indischen Götter, die die Welt tragen. Einer ruht immer
auf dem andern, aber keiner auf etwas endlich Festem. Der Neue
sagte ja, wo man es hören wollte, daß, wenn er mich nicht als
Stütze hätte, er auch nicht bleiben könne. Es ist sehr närrisch, daß
sie alle auf mich fallen, aber das ist nun einmal bei uns so. Wenn
sie eines Namens habhaft werden, so lassen sie ihn nicht los, er
muß dann zu allem passen, und ich bleibe noch dabei, daß ich zu
vielen Dingen besser tauge als zum Regieren, und viele andere
dazu besser als ich. Allein ich habe Liebe und Interesse am Lande,
Ernst und Willenskraft, und setze, wenn die Sache bedeutend ist,
gewiß meine ganze Existenz daran.


165. Caroline an Humboldt                        Rom, 3. Januar 1819

Mein letzter Brief im verflossenen Jahre war für Dich, und
ein erster ist es wieder, teuerstes Herz. . . .
Zum Sylvesterabend gab ich meinen Hausgenossen,
einigen Fremden und anderen Künstlern ein kaltes Souper und
Bischof, den ich selbst mache und darin excelliere. Wir waren
27 Personen, alle sehr heiter, und nach der Mitternacht wurde bis
2 Uhr getanzt, und die Gesellschaft trennte sich im heitersten Mut.
Zugleich mit Deinem Brief hatte ich einen von Theodor ohne
Datum und einen von Mathilde in einem eigenen Couvert. Es

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