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[   Band 6 Brief 170:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 25. Januar 1819   ]


Dies sind meine Antworten, ich wünsche, daß sie Deinen Bei-
fall haben mögen, bestes Herz. Der Hiesige *) hat sie erst für sich,
da ich ihm die Konzepte schickte und ein paar Stunden ließ, dann
noch mit mir gelesen und ein paar Stellen abgeändert, dann aber
sehr gebilligt. Alle drei Schreiben sind gestern durch eine Estafette
abgegangen.


171. Caroline an Humboldt                           Rom, 27. Januar 1819

Meine geliebte Seele!
Niebuhr war gestern den ganzen Abend bei mir,
er hat Deinen Brief empfangen und ist sehr erfreut
damit und dem, was er Deine vollständige Meinung nennt. Allein
er sagt, ganz könne er sich nicht in Deine Ansicht stellen, nicht
darin, daß der Bauplatz erst ganz rein sein müsse, ehe man auf
ihm anfinge zu bauen.
Stein grüße ja sehr von mir, ich bin gerührt über seine gute
Meinung von mir, und niemand weiß besser als ich selbst, daß
es mehr seine Güte als mein Verdienst ist, daß er sie mir zulegt.
Meine Liebe, teures Wesen, ist Dir nötig, wie mir die Deine,
und das ist ein unaussprechlich süßes Bewußtsein, daß sie das
einem Menschen ist, aber meinen Rat, den kannst Du schon ent-
behren, denn Du weißt und siehst die Dinge schon darum besser
als ich, weil Du mehr über ihnen stehst. Du hast in der Tat
eine grandiose Leidenschaftslosigkeit, mir kocht und brennt es gleich
an allen Ecken.
Wundervoll und wunderwahr ist, was Du über Schönheit
der Augen sagst. Du, süßes Herz, hast das Talent, das in Worten

———
*) Stein.

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