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[   Band 6 Brief 219:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 6. Julius 1819   ]


Beim Kronprinzen war ich heute früh. Er hat mich mit
wahrer Herzlichkeit empfangen. Er gab mir gleich die Hand und
sagte: »Guten Morgen, Wilhelmus, ich freue mich wirklich un-
endlich, Sie zu sehen«, und hernach wieder: »Wir lechzen ordentlich
in Berlin nach Ihnen.« Da der Prinz Friedrich von Oranien,
der dicke Prinz Solms und Maltzahn da waren, ließ sich nichts
Ordentliches sprechen. Von Knesebeck habe ich nichts besonderes
erfahren. Doch eine gute Sache. Der Kanzler soll fühlen, daß
in der Ständesache etwas geschehen muß, soll aber nichts selbst
machen, sondern den Comité beim Staatsrat darüber beraten lassen
wollen. Das schlug ich im Februar vor. Tat man es, so waren
wir viel weiter jetzt.
Morgen ist der Kronprinz und vermutlich auch ich in Rumpen-
heim *). Übermorgen geht der Kronprinz nach Coblenz, zu Wasser,
wohin ich nun nicht komme, weil ich jetzt hier zu tun habe. —
Die Herz war bei mir diesen Morgen. Der Komet hat sie
gebleicht, tut er mehr, gehen auch einige Falten weg. Sie war
wirklich viel hübscher. Bekker hat nun Heiratsvorschläge getan.
Ich habe abgeraten. Ohne den Altersunterschied täte sie’s, das
glaube mir. Sie hat mir gestanden, daß es ihr doch viel Ver-
gnügen mache, noch solchen Eindruck hervorzubringen. Das finde
ich wirklich natürlich. Ich hätte es selbst gern, wenn man mich
noch hübsch fände.
Den Komet hat mir gestern der Postmeister und Peter gezeigt.
Er war aber so blaß im Mondschein, daß ich auch nichts von ihm
gesehen habe. Aber da ihn Peter selbst aufgefunden hat, ist an
seiner Existenz nicht zu zweifeln. Ich glaube also an ihn. Es
war eine schmähliche Hitze gestern, die mir aber sehr wohlgetan hat.
Nun lebe wohl, mein einziges, innigstgeliebtes Herz, meine gute
teure Li. Umarme die Kinder, grüße Weigel, Ewig Dein H.

———
*) Schloß des Landgrafen von Hessen.

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