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[   Band 6 Brief 230:    Caroline an Humboldt     Ems, 7. August 1819   ]


die Zukunft still Verehrenderes in ihm entwickelt hätte. Aber eine
ungeheuer kräftige Gestalt steht er unter dem Menschengeschlecht
da, gleichsam sich anreihend an die erhabenen Göttergestalten
griechischer Mythe. An seinem Physischen möchte ich, könnte ich,
seine Entfernung von allen christlichen Ideen entwickeln, vielleicht
auch an diesem Mangel und nicht Empfangen aufopfernder Liebe.
Das alles hängt tief in ihm zusammen. — Wenn er von meinem
guten Einwirken auf die Künstler in Rom weiß, so ist das un-
streitig durch Luise Seidler *). Sie ist mit ihm in direkter Korre-
spondenz, und sie war mir sehr gut.
Den Donnerstag hatte ich einen recht fatiganten Tag. Die
Cumberland hatte uns zum Tee einladen lassen, sie hatte ihren
Tee auf dem Rondell vor dem Hause etabliert, halb Ems war
eingeladen, alle Prinzlichkeiten, deren es jetzt viele gibt, man mußte
bleiben, spät erst ins Haus gehen und noch später nach Hause.
Obgleich die Nacht wundervoll und mondhell war, war es
doch wohl zu viel. Ich habe mich gestern sehr schlecht be-
funden. . . .
Die Herzogin von Cumberland ist ganz erfreut über die
Nachricht der Ankunft der Frau von Berg. Er und sie grüßen
Dich, und er hat mir unendlich viel von Dir gesagt, und nament-
lich, wie er sich nicht denken könnte in England zu sein, wenn Du
nicht da wärst. Und, setzte er hinzu, alles das habe ich dem Könige
gesagt, denn er hat nur einen Humboldt. Was besser wie diese
Lobeserhebungen ist, sind die Grüße des Prinzen Wilhelm, Augusts
Gebieter. »Sagen Sie Ihrem Mann,« sagte er mir, »daß ich mich
herzlich freue, ihn bei uns zu wissen, und er weiß, daß ich es so
meine, wenn ich es sage.«
Adelheid und ihr Mann und Gabrielle sind gestern abend
nach Coblenz und kommen erst Montag wieder. Gabrielle habe

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*) Die bekannte Weimarer Malerin, geb. 1786, † 1866.

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