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[   Band 6 Brief 236:    Humboldt an Caroline    Berlin, 29. August 1819   ]


236. Humboldt an Caroline                       Berlin, 29. August 1819

Endlich also brauche ich nicht mehr beim Aufstehen zu denken, daß
Du, armes Kind, Dich dann gerade abwarten mußt mit
Trinken und Spazierengehen in den wenig amüsanten
Laubengängen an der Lahn. Ich stelle mir vor, daß Du heute in
Coblenz sein wirst. Du brauchst keine zwei Tage von dort bis
Cöln. Deine Zusammenkunft mit Stein macht mir große Freude.
Er hatte sich sehr gesehnt, Dich zu sprechen.
Ein sehr hübsches Wort von Ancillon muß ich Dir doch er-
zählen. Wir sprachen davon, daß Schuckmann meinte, daß er
doch noch die Hälfte seines bisherigen Ministerii behielte, was nun
bei weitem nicht wahr ist. Ancillon erwiderte darauf: Il pourra
dire comme Chimère dans le ciel: La moitié de moi-même a mis
l’autre au tombeau.
Die Verlegenheit mit meinem Titel ist endlich entschieden,
und ihr abgeholfen. Schuckmanns Ministerium und meins heißen
beide Ministerium des Inneren. Man unterscheidet sie nur durch
Hinzufügung unserer Namen. Also heißt das meinige: Mini-
sterium des Inneren, Departement des v. H. Das ist das
Vernünftigste. Es ist ja nichts wie eine Teilung, und es ist ja
kein Unglück, wenn dem Staat im Innern zwei Minister hausen.
Es ist, wie wenn man zwei Medizinen an einem Tage nimmt.
Es entsteht höchstens ein Kummer daraus. Da hier mit Schuck-
mann die Rede davon war, überließ ich in meinem offiziellen
Antrag an den König diesem die Bestimmung des Namens und
bemerkte nur, daß der: »für Ständische und Militärangelegenheiten«
schleppend und nicht einmal passend sein würde. Zugleich aber
schlug ich den jetzigen vor. Darauf ist es durch eine Kabinetts-
ordre so angeordnet worden. Ich hatte in einem Brief an den
Staatskanzler ausdrücklich gesagt, daß mir persönlich ganz einerlei

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