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[   Band 7 Brief 14:    Humboldt an Caroline    Tegel, 16. Junius 1820   ]


mals in der großen Ausgabe, die Du mir einmal zum Geburtstag
geschenkt hast. Über die Griechen komme ich gewiß noch dazu zu
schreiben, aber es fordert viel Zeit, um zu reifen. Es läßt sich
nicht so schnell abtun. Auch hatte ich doch viel vergessen. Ich
habe immer abgebrochen studiert von jeher, manchmal zu vielerlei,
dann Reisen, zuletzt die Geschäfte. Es blieb vieles immer Stück-
werk. Nun bin ich in einem Zuge und werde, denke ich, darin
bleiben.
Ich kann Dir nicht sagen, süßes Kind, wie der Hang zur
Einsamkeit in mir wächst. Wie heiter ich unter fremden Menschen
auch scheine und selbst bin, ließe ich nie einen kommen, wenn ich
die Wahl hätte, und mit einem geregten Finger sie wegführen
könnte. So mit Dir, mit den Kindern, oder kann das nicht sein,
auch ganz allein, ist es mir am liebsten, und das einförmigste
Leben am meisten. Wenn Du mir erst jetzt wieder zurück bist
und wir zusammen in Burgörner sind. Ich freue mich unendlich
darauf. Denn ich liebe Burgörner noch viel mehr als Tegel, und
Dich nicht zu haben, nicht so oft Abschied nehmen zu können,
fühle ich tausendmal am Tage. Lebewohl, innigstgeliebtes Herz.
Ewig Dein H.


15. Humboldt an Caroline                  Tegel, 19. Junius 1820

Ich habe seit meinem letzten Briefe keinen von Dir, liebe
Li. Vermutlich kommen wieder zwei auf einmal wie
neulich. Alle Leute klagen über die Langsamkeit des
Postlaufs nach Karlsbad.
Vorgestern waren Körners *) hier. Sie waren bis jetzt gar
nicht gekommen. Ich schrieb ihnen also und bat sie, einen Mittag

———
*) Eltern des Dichters.

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