< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 7 Brief 51:    Humboldt an Caroline    Tegel, 16. Oktober 1821   ]


ein großer Reiz und der wahre Grund ist, warum ich so gern
rechne. Ich habe also Dich, teures Kind, in Gedanken immer be-
gleitet. Ich war etwas bange, da es sehr dunkel war.
Heute war es aber schön, doch bin ich in meinem Direktorium
geblieben. Ich habe auch alle Keller des Hauses untersucht, deren
Gewölbe, wie der Polier versichert, von so schönem Material sind,
wie man jetzt gar nicht mehr hat. 
Schicke mir doch, süßes Kind, Räucherkerzen. Vergiß es ja
nicht. Zu essen brauche ich, dächte ich, gar nichts. Es ist hier
alles. Grimm hat heute ein Rebhuhn und einen Hasen geschossen.
Das Rebhuhn habe ich gleich gegessen. Zwieback brauche ich nur
einen täglich, und es schadet nicht, wenn sie alt werden. Cela fait
durer le plaisir. So ein junger ist gleich vorbei. Ich habe über-
haupt in aller Art manchmal ein rechtes Mitleid mit der Jugend.
Auf Freitag freue ich mich sehr.


52. Humboldt an Caroline                  Tegel, 18. Oktober 1821

Liebe, teure Li, ich freue mich unendlich darauf, Dich mor-
gen wiederzusehen. Es wäre noch schöner, wenn Du
hättest die Nacht bleiben können. Hedemanns habe ich
bereden wollen, zu bleiben, aber es ist mir nicht gelungen. Adel-
chen hätte es sehr gern gesehen, aber er fand viele Schwierigkeiten.
Es ist die Unruhe wegen des 16. und der Parade. Und doch
wird auch das still vorübergehen. Es kommt mir in meiner
jetzigen Lage doppelt wunderbar vor, wenn man so auf dieses oder
jenes Ereignis giert und aufmerkt. Mir ist diese Unruhe auch in
großen Geschäften nie eigen gewesen. Die Zeit füllt sich still von
selbst, und man darf sich nur ihrem ruhigen Strom überlassen.
Ich habe immer lieber an der Vergangenheit gehangen. In ihr

                                                                       93