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[   Band 7 Brief 124:    Humboldt an Caroline    Breslau,   2. April 1826   ]


124. Humboldt an Caroline              Breslau,   2. April 1826

Ich schreibe Dir, liebste Li, vom Frühstück aller unserer
schlesischen Kinder aus, weil Gott weiß, ob ich sonst bis
zum Abgang der Post nur eine Viertelstunde finde. Denn
es jagt und treibt sich alles. Du wirst Dich über alle Kinder
wundern. Aber Augusts haben die große Güte gehabt herzukommen.
Sie hatten mich schon zwei Tage erwartet, und es hat mich tief
gerührt. Ich bin vorgestern am 31. um 1/2 6 abends hier glücklich
angekommen. Wenn der grüne Wagen einmal ins Rennen kommt,
ist kein Halten in ihm. Er hat auch nicht den mindesten Anstoß
von Schwächlichkeit gehabt, und auch hier ist kein Nagel daran
los. In Frankfurt kam ich schon um 6 an, den andern Tag fuhr
ich bis Neusalz und mußte da schon um 1/2 4 Ruhe machen, weil
bei den jetzigen langen Posten das erste leidliche Wirtshaus volle
8 1/2 Meilen weit war. Den dritten Tag bin ich, da ich um 7 zu
Bett gegangen war, um 3 Uhr ausgefahren.
Theodor war schon acht Tage von Ottmachau zurück und ist
wirklich sehr artig und liebenswürdig, Mathilde gut wie immer,
Wilhelm wirklich unbezahlbar. Adelheid sieht sehr wohl aus und
hat ihre gewöhnliche Lebhaftigkeit. Es hat mich unendlich ge-
schmerzt, daß Du, liebe Seele, nicht mit Caroline und Hermann
bei uns bist.
Die Leute hier reißen sich um uns. Die Wohnung ist sehr
hübsch und ordentlich eingerichtet. Ich wohne zwar in einem sehr
kleinen Kabinett, habe aber ein sehr schönes Bett und sehr hübsche
Möbel. Eine Köchin ist wirklich nicht vorhanden, wird aber jetzt
anziehen. Wir kommen aber auch gar nicht zum Essen bei Ma-
thilden, und ein schon gekochter Hecht steckt seit drei Tagen den
Kopf aus Sauerkraut, ohne dazu kommen zu können, verzehrt zu
werden.

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