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[   Band 7 Brief 125:    Humboldt an Caroline    Eckersdorf, 5. April 1826   ]


im Hause als sonst, und schon sonst war ich gern hier. Den Nach-
mittag kam der Magnis einziger noch lebender Bruder Adolf
Götzen her. Ich hatte ihm nämlich schreiben lassen, daß ich ihn
besuchen würde, und da war er aus Furcht, daß ich es ausführte,
gleich hier. Es ist ein Mensch von Verstand und Witz, aber von
der schrecklichsten Sonderbarkeit. Er haust in einem großen alten
Schloß, Scharfeneck, ganz allein, tut gar nichts, als den Hut auf
dem Haupt in einem Pelz die langen Winterabende in den un-
geheizten Stuben seines Donjons auf und ab zu gehen. Er hat
eine schöne Einrichtung von Silber und Tischzeug, ißt aber immer
auf dem bloßen Tisch und wischt sich mit dem Schnupftuch ab,
was er sich so angewöhnt, daß er es auch bei fremden Leuten tun
soll. Seine Bedienung soll die schlechteste und betrügerischste sein,
aber er macht nie darin eine Änderung. So lebt er jahraus
jahrein, und kann wenig jünger als ich sein. Verheiratet war er nie.
Wie lange ich hier bleiben werde, weiß ich noch nicht. Da
ich aber doch in der Gegend bleiben muß, bis ich weiß, ob der
Mann aus Magdeburg und der aus Breslau kommen oder nicht,
so warte ich dies natürlich hier ab. Hier habe ich ein bequemes
Leben, es ist oft amüsant, und wenn es nicht so ist, so gebe ich
mir die Mühe und mache es so. Ich bin also hier viel besser als
in Ottmachau. Morgen kommt die Post, dann wieder am 11.
oder 12. früh. Bis dahin muß ich doch Nachricht bekommen.

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Tausend Dank, liebe Li, für Deinen gütigen Brief, den ich
noch nicht einmal ganz gelesen habe. Von Breslau aus wird ein
Pächter am 8. nach Ottmachau kommen, also werde ich spätestens
am 10. von hier abgehen.

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