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[   Band 7 Brief 143:    Caroline an Humboldt     Gastein, 10. August 1826   ]


durchschnitten, wenn ich Eure lieben, bekümmerten Gesichter und
Eure nassen Augen gesehen habe.

                                                                Den 11.
Der Tod der guten Lolo Schiller hat mich sehr bewegt. Ach,
es schwindet so eine nach der anderen der bekannten Jugendgestalten.
Wie einmal der Tod in diese Familie durch das Hinscheiden der
chère mère gekommen ist, so ist schnell aufeinander einer dem an-
deren gefolgt. Möchten doch die Kinder durch die neue Ausgabe
der Werke Schillers in eine sorgenfreiere Lage kommen!


144. Humboldt an Caroline                       Tegel, 14. August 1826

Wir haben seit Deinem Brief aus Salzburg noch keinen
anderen, liebe Li, und sehen der Nachricht von Deiner
Ankunft in Gastein mit Sehnsucht entgegen . . .
Den Tod der armen Schiller wirst Du nun wissen, teures
Kind. Wie so ein Menschenleben zusammenschwindet! Wie ich
zum erstenmal in Rudolstadt war, 1788 gegen Weihnachten, war
sie ein junges Mädchen, und nun tot und nicht jung gestorben.
Sie hat mir leid getan, recht eigentlich ihretwegen. Sie war jetzt
in eine glücklichere Lage gekommen, als sie seit Schillers Tode ge-
habt hatte.
Wir leben unser stilles Leben so fort. Ich arbeite viel. Das
Wetter ist hier himmlisch. Gestern abend war ein prächtiger
Mondschein. Die glänzende Halbscheibe so am reinen wolkenlosen
Himmel. Ich war sehr lange erst am Wasser in dem Hölzchen,
dann in der oberen Laube. Es treibt mich jetzt so oft zu einsamen
Spaziergängen. Ich denke immer an dich, süßes, teures Kind.
Wenn Du nur erst wieder besser wärst. Es fesselt mich eigentlich
nichts an das Leben als Du. Die Kinder gehen ihren eigenen Weg,

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