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[   Band 2 Brief 18:    Caroline an Humboldt     [Jena], 5. April 1797   ]


Brust ist sehr dadurch angegriffen und schmerzt so wie der Hals.
Theodor, der denn endlich mit den übrigen Kindern gestern ist
inokuliert worden, hat auch einen starken Schnupfen. Die Li ist
heut so verdrießlich und quänglich und hustet dabei, Du siehst, es
ist hier ein Lazarett.
Die Amalie *) ist gestern abend angekommen und gefällt Burgs-
dorff sehr, ob gerade genug zum Heiraten, weiß ich noch nicht. Auf
alle Fälle wird die Hochzeit noch nicht vorbei sein, wenn Du kommst.
Alexander ist heut wieder kränker, wir sehen uns jetzt gar nicht
und korrespondieren nur zusammen.
Der Chor hat mich sehr gefreut. Die erste und zweite Strophe
finde ich unendlich schön und antik. Das undeutliche Wort muß
notwendig schwingt heißen, und dann hat es den schönsten Sinn.
Sehr schön finde ich »und die Kräfte werden sich eilig ergreifen«.
Aber das Folgende gefällt mir nicht. Das Gleichnis ist nicht im
Sinn der Alten. Adieu, geliebter Bill. Meine Hände tun wieder
so weh, daß ich nicht gut schreiben kann. Burgsdorff grüßt herzlich.
Wie freuen wir uns alle Deines Wiedersehens! —


19. Humboldt an Caroline              Weimar, 6. April 1797

Ich komme eben von Goethe, mit dem ich allein heute abend
war, in meine Stube hinauf und setze mich noch hin, Dir,
teures Wesen, einige Zeilen zu schreiben. Zwar kommen
sie, da sie erst morgen nachmittag mit dem Kammerwagen abgehen
können, wahrscheinlich nur wenige Stunden vor mir an; aber ich
sehne mich so, noch ehe ich schlafen gehe, eine viertel Stunde mit

———
*) Amalie v. Imhoff, Schriftstellerin, geb. 1776, lebte 1797 bei ihrer
Mutter in Weimar, heiratete 1803 den schwedischen Obersten v. Helwig.

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