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[   Band 3 Brief 106:    Caroline an Humboldt     Rom, 16. August 1809   ]


habe Lebzeltern Sonnabend geschrieben. Ich bin jetzt wie ein
Staatssekretär.
Ich bin so viel unterbrochen worden, daß ich für heute hier
schließen muß. Ewig Dein.


107. Humboldt an Caroline          Königsberg,  18. August 1809

Gestern war der Todestag Friedrichs II. und eine Art Feier
des Tages beim Kronprinzen. Es war aber bloß die
Königin, sonst niemand vom Hofe da. Man las Ab-
handlungen vor und hielt Reden, eine schrecklicher wie die andere,
und der arme Kronprinz mußte sich von allen seinen Trübsalen,
sogar den Degen Friedrichs II. nicht ausgenommen, vorsprechen
lassen. Solche Tage sind wahre Leidenstage für mich. Man hat
die Scham für die Gelehrten, die sich da fürchterlich prostituieren.
Überhaupt ließe sich über diese Erziehung viel sagen. Aber der
Kronprinz selbst ist lebhaft und scheint Geist zu haben, und es ist
eben darum noch mehr zu bedauern.
Heute bin ich von Prinzessin Luise *) zu einem Frühstück aufs
Land gebeten, wo eine schöne Gegend und ein altes Schloß sein
soll. Der König und die Königin sind auch da, sonst aber sehr
wenig Menschen, wie ich höre. An die schönen Gegenden glaube
ich nun nicht. Der Prinz von Mecklenburg **) ist nachgiebiger darin
und läßt sich leichter eine aufschwatzen. Aber wer einmal den Monte
Cavo und die Capuccini recht in Gedanken hat, der weiß, was
dazu [nötig] ist. Ich lebe in Gedanken nur da, jetzt kann ich zwar
nicht recht unterscheiden, woran der Eindruck und die Sehnsucht
am tiefsten hängt.

———
*) Vgl. S. 135. **) Vgl. S. 106.

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