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[   Band 4 Brief 18:    Humboldt an Caroline    Reichenbach, 17. Junius 1813   ]


Auch ist vorauszusehen, daß Napoleons Vorteil ist, auf diese Be-
dingungen nicht »Nein«, sondern ein bedingtes »Ja« zu sagen, und
zu tun, als müßte man, um ganz abzuschließen, erst wissen, was
England tun werde, von dem er vorgeben wird, Abtretungen von
Kolonien zu erwarten zu haben. Dem wird man dann nicht die
Standhaftigkeit haben zu widerstehen, und so wird eine Ver-
längerung des Waffenstillstandes bis zu dem Punkt herauskommen,
wo er stark genug sein wird, sein bedingtes »Ja« zurückzunehmen
und einen noch schlechteren Frieden zu diktieren. Ich warte jetzt
nur noch vier bis fünf Tage ab, um zu sehen, ob ich in diesen
Metternich sehen werde; sonst werde ich das hier kräftig vorstellen,
man wird mir von allen Seiten Recht geben, allein es wird beim
alten bleiben.
Ich komme jetzt auf die Frage des österreichischen Friedens zu-
rück. In dieser Rücksicht ist meine einfache Ansicht vom Tage
meines Hierherkommens folgende gewesen. Zuvor aber muß ich Dir
erzählen, wie es eigentlich mit diesen Vorschlägen dazu hergegangen
ist. Nesselrode *) war, wie Du weißt, in Gitschin gewesen und hat
von da ein Papier mitgebracht, worin steht, daß man in Österreich
nur für diese Bedingungen sich schlagen will. Als ich hierherkam,
fand ich die Minister in Konferenzen über diese Punkte und wohnte
selbst noch den letzten bei. Meine Ansicht ist nun die: Kaiser und
König müßten sich jetzt fest entscheiden, ob sie im Notfall diese
Bedingungen annehmen, aber vorher alles versuchen wollten, sie zu
verbessern oder nicht. In einem und anderen Falle müßten sie da-
nach handeln und von diesem Augenblick an handeln. Allein zu
dieser Reinheit und Entschiedenheit in einer Ansicht bringt man
die Sachen nicht. Hardenberg ist entschieden, daß man solche Be-
dingungen nicht annehmen muß; der Kaiser von Rußland sagte es

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*) Karl Robert Graf v. Nesselrode, geb. 1780, † 1862, russischer Minister,
später Kanzler des russischen Reiches.

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