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[   Band 4 Brief 25:    Caroline an Humboldt     Wien, 1. Julius 1813   ]


25. Caroline an Humboldt                       Wien, 1. Julius 1813

Mein teures Herz!
Gestern bin ich durch einige Zeilen von Lebzeltern recht er-
freut worden, der mir schreibt, daß er endlich Theodorn,
in Reichenbach angekommen, aufgespürt und ihn Dir
nach Ratiborschitz geschickt hat . . .
Vorgestern habe ich Deinen lieben Brief von dorther vom
25. Junius erhalten. Metternich amüsiert mich, in so wichtigen
Zeiten sich noch mit der Decke in Deinem Zimmer zu beschäftigen.
C’est être universel.
Ich denke Dich mir jetzt in Gitschin. Gott wolle da wie
überall mit Dir sein und mit dem Grafen. Es hat das Schicksal
einer ganzen Generation in der Hand der Mächtigen hier gelegen.
Es möchte einem das Herz brechen, daß nicht mehr geschehen ist,
wo es nicht mit Strömen des Blutes erkauft werden mußte, wo
ein edles, großes und tiefes Gemüt der leitende Faden in diesem
Chaos des Elends, der Unterdrückung sein konnte, und die Segnun-
gen von Millionen und Millionen dem, der das Rechte mit Macht
und mit Kraft ergriff, folgen mußten. Man verliert sich in allen
Gedanken, die das erregt, und oft frage ich mich, wie man in einem
Herzen das alles beherbergen kann, was sich darinnen auf- und ab-
treibt. Doch habe ich die Überzeugung, daß die Gefühle und Ge-
danken, die durch diesen mächtigen Kampf aufgeregt sind, geheiligt
durch den Tod so vieler Edlen, die mit Freuden das Leben dafür
hingaben, zu etwas Großem reifen muß. Alles in der Natur,
das etwas wert ist, das Physische und Moralische, alles tritt mit
Kampf und Schmerzen und Ringen in die Wirklichkeit. So sehe
ich diese schmerzlich verworrene Zeit doch auch nur als den Über-
gang zu einer anderen an.
Ich bin sehr in Sorgen um den jungen Körner. Es scheint

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