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[   Band 4 Brief 158:    Humboldt an Caroline    Paris, Hotel Vendome, 14. April 1814   ]


zwischen zwei Stühlen sitze. Hardenberg, der unsrige, ist in dem-
selben Fall und knurrt und stöhnt nicht wenig.
Ich ging nun zuerst ins Hotel Vauban, wo Madame
Longrais noch thront. Sie hat aber keinen Platz mehr und sich
sehr angelegentlich nach Dir und den Kindern erkundigt. Hier,
wo sie mich hingewiesen, ist es ziemlich schmutzig, aber ich bezahle
auch nur für eine Vorkammer, einen Salon, eine Schlafstube, ein
Boudoir, eine Stube für meinen Sekretär und eine für meine
Leute und 6 Pferde Stallung 10 Napoleondor oder 220 Frank
für 14 Tage, was für jetzige Preise hier nicht außerordentlich viel
ist. Der Lage nach bin ich freilich mitten in der Stadt, aber darum
von allen, die ich am meisten sehe, weit. Der Kanzler wohnt bei
den Invaliden, Metternich beim Elysée Bourbon, Alexander beim
collège des quatre nations. Theodor rue de Seine. Ich habe mich
sehr gefreut, ihn zu sehen. Er ist geschickter als ich. Er hat bei
sehr wohlhabenden Leuten ein sehr gut möbliertes Zimmer und
Stallung auf drei Pferde angewiesen erhalten. Ich ging gestern
gleich zu ihm. Er frühstückte mit seinem Wirt und einigen anderen
und war sehr erfreut, mich zu sehen. Alexander hat viel Güte
für ihn gehabt und sieht ihn, soviel er kann. Er ist vollkommen
gesund.
Der Aufenthalt in Paris für Theodor zu lange fortgesetzt,
gefiele mir nicht. Er kann hier nur entweder biwakieren oder in
der Stadt wohnen und ist in beiden Fällen müßig. Auch Alexander
versichert zwar, daß er sehr ordentlich ist und gar nicht ausschweifend,
allein, wer steht dafür, daß er es nicht wird? und ich habe die
physische Zeit nicht, mich um ihn zu bekümmern. Er ist übrigens
in der neuen Offizierwürde göttlich. Gestern begleitete er mich in
das Haus des Königs, und die Schildwachen zogen das Gewehr
für ihn an. Ich dachte nicht daran, daß ich ohne alle Dekorationen
war, und dankte. Beim Zuhausegehn sagte er mir mit Lachen,

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