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[   Band 4 Brief 279:    Humboldt an Caroline    Wien, 21. Mai 1815   ]


anderen, die Colloredo, die Stücke Wald auf dem linken Rheinufer
will, schreibt ellenlange Billetts, die, die Du nicht kennst, ungerechnet.
Einige sind aber sehr mit mir zufrieden, so, wie ich wenigstens
hoffe, Rudolstadt.
Gentz ist ordentlich und fleißig bei und trotz allen anderen
Fehlern. Man wollte ihm bei uns den Roten Adlerorden um den
Hals geben, aber ich habe es hintertrieben. Die Orden muß man,
soviel man kann, in Ehren halten, und noch diesen Winter und
namentlich in der sächsischen Sache hat er sich auf keine Weise,
aller Freundlichkeit mit Hardenberg und mir ungeachtet, gut gegen
uns benommen. Bei Napoleons Ankunft in Paris war er auf ein-
mal eingenommen von der Größe dieses Ereignisses und sagte mir,
obgleich mit vielem Geheimnis, es sei tiefste Weisheit in dieser Regie-
rung. Metternich selbst meinte, man müsse ihn für tot ansehen.
Wie ihn aber Pauline *) einmal, als er zu ihr kam, und viel Leute
bei ihr waren, gleich mit dem Namen Jakobiner anredete, machte
er Reflexionen, sah auf einmal, als wären ihm Schuppen von den
Augen gefallen, daß er in solchem Ruf stünde, wurde nun zer-
knirscht und böse zugleich und hat seitdem mehr an sich gehalten.
Daß Ihr oft in Tegel seid, freut mich unendlich. Aber Du
sagst immer, so oft Du Tegel lobst, es war so schön, als es sein
kann. Das arme Tegel! Soll man denn schöner sein, als man kann?
Du weißt, Vera **) ist hier, um dem Prinzen Piombino ***) Elba
und Piombino wiederzuverschaffen. Ich interessiere mich lebhaft

———
*) Fürstin von Hohenzollern.
**) Römischer Agent.
***) Das Fürstentum Piombino gehörte seit Ende des 16. Jahrhunderts
der Familie Ludovisi, wurde 1801 Frankreich einverleibt, 1805 von Na-
poleon als Lehen seiner Schwester Elise Bacciochi gegeben. Auf dem Wiener
Kongreß wurde Piombino zu Toskana geschlagen und das Haus Buoncom-
pagna Ludovisi mit einer Rente und dem Titel Fürst von Piombino ab-
gefunden.

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