< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 5 Brief 5:    Caroline an Humboldt     Berlin, 13. Julius 1815   ]


sollte, und sahen sich dort. Adelheid ließ ein wenig das Köpfchen
hängen, daß man nicht Hedemann *) mit einer so schönen Nachricht
hergeschickt habe, gönnte aber doch Berthan vor allen diese Freude.
Gestern abend bei Larochens wurden Wachslichter gebrannt, die
Lützows Bedienter in den Bagagewagen Napoleons genommen hatte.
Wir hören hier, daß der Feldmarschall vier Millionen Taler und Be-
kleidung für 150000 Mann vorerst ausgeschrieben hat. Ich gestehe Dir,
daß ich von jetzt an unbeschreiblich auf den Gang der Begebenheiten be-
gierig bin. Daß Paris in unsere Hände kommen würde, habe ich ge-
hofft; daß man aber so großes Gelungenes benutze, ist mir nicht klar.
Der Unmut der Russen, nicht teil an diesem großen Siege und
seinen Folgen genommen zu haben, ist hier sehr spürbar. Ich habe
mir von Lützow das Manöver unserer Armee auf der Karte zeigen
und beschreiben lassen, es ist sehr schön. Heute erwartet man einen
zweiten Kurier, der den wirklichen, auf den 6. bestimmten Einzug
in die große Babylon überbringen soll.


6. Humboldt an Caroline               Paris, rue Dominique Nr. 105,
                                                    18. Julius 1815

Es hat mir sehr leid getan, Dir, liebe Li, seit Frankfurt,
also seit sieben Tagen, nicht schreiben zu können. Allein
es fehlte mir durchaus an Gelegenheit, und erst heute
geht der erste Kurier des Kanzlers ab.
Hier habe ich Deinen teuren Brief vom 8. Julius bekommen
und danke Dir unendlich für Deine Liebe. Wohl ist es schmerzlich,
daß das Zählen der Briefe wieder angeht, allein wenn Du nach
Paris kommen wolltest, so empfange ich Dich mit Freuden, und

———
*) August v. Hedemann, geb. 1785, † 1859, Humboldts Schwiegersohn,
Adjutant des Prinzen Wilhelm, Friedrich Wilhelms III. Bruder.

                                                                       6