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[   Band 5 Brief 153:    Caroline an Humboldt     Rom, 7. Junius 1817   ]


scheint mir doch sehr gealtert und schwach. Er ist gestern wieder
hinaus nach Castello. Morgen denke ich den Kardinal Consalvi
zu sehen. Vera war einigemale schon bei mir und sehr gefällig.
Mittwoch früh waren wir in Maria Maggiore, im Lateran und im
Coliseum. Mittwoch abend in Villa Negroni, in der Madonna dei
Angeli daneben und in Villa Patrici. Dann später zu Fuß auf
der Trinitá di Monte, aus der die Franzosen wirklich einen un-
gemein schönen Spaziergang gemacht haben, auf dem man bis
zum Popolo kommt. Donnerstag waren wir in Villa Pamfili.
Die Größe dieser Anlage, die schwebenden Pinien, der Reichtum
und die Fülle des Wassers imponierten doch August sehr. Wir
fuhren herunter und sahen von St. Pietro in Montorio das alte
und das neue Rom und den Kranz der Gebirge und die unter-
gehende Sonne. Ach, man bleibt verloren in dem Anblick. Auch
August war tiefergriffen, und er fängt an einzugestehen, daß ich
von Rom nicht zu viel gesagt habe. Wir fuhren über Campo
Vaccino zurück. Campo Vaccino sieht jetzt wie eine Zerstörung
aus, ein jeder läßt dort graben, die Herzogin von Devonshire, der
russische Gesandte, der portugiesische Botschafter. Die Säulen
stehen alle entblößt. Ich werde mich erkundigen, was man über-
haupt mit Campo Vaccino vorhat.
Gestern waren wir aufs neue im Vatikan, um mit dem ersten
Überblick fertig zu werden. Herrlich stehen die aus Paris zurück-
gekommenen Gemälde, die Transfiguration so, daß ich meine,
früher hätte ich sie noch gar nicht gesehen.
Gestern abend war ich mit Caroline, Adelheid und Gabrielle
allein in S. Paolo fuor delle Mure und bei der Pyramide.
S. Paolo mit seinen hohen Säulen, mit der tiefen Einsamkeit
in der schallenden Kirche hat mich wieder recht übernommen. Bei
der Pyramide war es feierlich still und klar wie das ewige Leben.
Zu ihm hinauf in einen Himmel des Lichts und des seligsten

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