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[   Band 5 Brief 165:    Humboldt an Caroline    Berlin, 6. Julius 1817   ]


Das wäre nur noch unbequemer gewesen. Es entstand nun eine
Korrespondenz, in der ich vorschlag, bis Strelitz zu gehen, und wir
ganz in die alte Zärtlichkeit zurückkamen. Davon ist nun aber
die Folge, daß ich morgen nach Strelitz abreise und Dir, süße Li,
vielleicht nicht werde viel schreiben können. Heute abend bin ich
sehr müde. Ich war bei Radziwills und die Prinzessin (Gneisenau
war auch da) bekam den Einfall, noch nach Tische spazieren zu
gehen. So ist es schon 1 Uhr geworden; morgen ist Staatsrat,
wo man gar nicht absehen kann, ob er nicht bis 4 Uhr dauert,
und um 5 will ich abreisen. Am 10. hoffe ich wieder hier zu sein.
Ich fahre hin und her die Nacht durch, schlafe aber ruhig die
Nacht dazwischen in Strelitz. Der Großherzog spricht in allen
Briefen von Dir, und im letzten sagt er mir, indem er Deines
Glücks erwähnt, in Italien leben zu können: »Werden wir denn
ewig zu Schneeluft und Bierduft verdammt sein?«
Gestern war wieder Staatsrat, und die Kommission hat den
vollkommensten Sieg davongetragen. Die Sitzung dauerte sechs Stun-
den, bis 5 Uhr, aber der Staatsrat hat alles, wie es die Kommission
wollte, bestätigt, und gerade in den Punkten, in welchen ihr die
Gegner es am meisten vorgeworfen hatten. Diese Sache ist nun
geendigt, und ich habe die Genugtuung, mein Präsidium auf eine
siegreiche Weise geführt zu haben. Die Arbeit ist ordentlich ge-
lungen, die Mitglieder der Kommission sind mit mir zufrieden ge-
wesen, und zuletzt habe ich sie so beim Staatsrat vertreten, daß
wir auch da vollkommen gerechtfertigt und gebilligt erscheinen.
Alle Oberpräsidenten sind dankbar davongegangen.
Überhaupt hat der Staatsrat für mich sehr glänzende Erfolge
gehabt. Savigny *) hat bei Radziwill, wo es Bülow gehört hat (ich
war nicht da), laut gesagt, daß es nicht möglich wäre, mehr Talent

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*) Friedrich Karl v. Savigny, geb. 1779, † 1861, bedeutender Rechts-
gelehrter, war 1817 Mitglied der Justizabteilung im Staatsrat.

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