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[   Band 6 Brief 7:    Humboldt an Caroline    London, 22. Oktober 1817   ]


müssen, weil Bülow meint, daß man ohne Küchenanstalt gar nicht
leben könne. Er kostet aber einhundert Pfund jährlich und Essen,
ich winde und krümme mich noch.

8. Humboldt an Caroline                     London, 29. Oktober 1817

Du mußt mir verzeihen, liebe Li, wenn ich vielleicht heute
weniger schreibe als gewöhnlich. Ich kam gestern sehr
spät nach Hause und ziehe heute in mein neues Haus,
so daß viel Unruhe um mich her ist, und ich selbst viel zu tun habe.
. . . Ich glaube Dir nie geschrieben zu haben, daß ich mit Sickler *)
hier wieder zusammengetroffen bin. Er hat hier die Rollen **) ab-
wickeln sollen, die Neapel dem Prinzen Regenten geschenkt hat,
allein die Regierung und er sind in wechselseitiger Unzufriedenheit
voneinander geschieden. Das Faktum ist, daß er bei fünf oder
gar sieben Rollen immer abgewickelt hat, ohne Buchstaben zu
finden. Die Engländer behaupten nun, daß er daran schuld ist,
indem er zu gewaltsam gerissen hat; er schiebt es auf die Rollen,
die zu schlecht, außer dem Feuer auch durch Wasser verdorben,
und voll Schmutz und Sand waren. Ich glaube, er hat recht.
Er hatte seine Frau und Schwägerin mit hier, die mit haben ab-
wickeln müssen, und so haben sie vier Monate gearbeitet, und so
gearbeitet, daß von üblem Geruch, den die Rollen von sich gaben,
sie manchmal ohnmächtig geworden sind, ohne mehr als vielleicht
fünfzig unleserliche und verstümmelte Wörter zu finden. Man
muß gestehen, daß dies ein sonderbares Vergnügen ist. Solche

———
*) Friedrich Sickler, geb. 1773, † 1836, Archäologe aus Gotha, war als
Lehrer der Kinder vom Herbst 1805 bis Frühjahr 1807 im Humboldtschen
Hause in Rom gewesen.
**) In Herculanum gefundene Papyrusrollen.

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